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Polen:
Kaczynski plant Schutz-Gesetz gegen Vertriebene
Schon
kurz nach dem Besuch des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler in Polen, geht
man, trotz versöhnender Worte des Deutschen, in Warschau wieder an die Front.
Die Partei Recht und Gerechtigkeit (PIS) der Kaczyński-Zwillinge ließ in diesem
Zusammenhang bereits Stunden nach der Abreise Köhlers durchsickern, dass man
kurz nach der Sommerpause dem Parlament (Sejm) einen Gesetzentwurf vorlegen
will, der dem Schutze der Polen gegen die Forderungen deutscher Vertriebener im
Sinne habe.
Was dies im Klartext bedeuten soll ist noch offen, doch erst
kürzlich hatte die PIS öffentlich Prozesskostenübernahme und einen finanziellen
Ausgleich für die durch deutsche Vertriebene in Polen zurückgewonnenen
Immobilien, bzw. deren Zwischenbesitzer gefordert. Zu diesem Zwecke verlangt die
Partei die Bildung eines staatlichen Fond und einen gesetzlichen Rechtsschutz zu
Gunsten der betroffenen Polen.
Die Präsidenten aus Deutschland und Polen, Köhler und Kaczyński, hatten sich
während ihres gestrigen Treffens in Warschau offensichtlich mehr beäugt denn
geschätzt, da Kaczyński unzweifelhaft auf Köhler psychischen Druck ausüben
wollte. Dies sollte wahrscheinlich erst einmal die versöhnlichen Aussagen des
Deutschen ausser Kontrolle geraten lassen, worauf er und die rechtsgerichtete
polnische Presse begierig warteten. Ziel Kaczyńskis war es aber von Köhler
weitestgehende Aussagen zu dem Vertriebenenproblem und dem wachsenden
internationalen Druck auf Polen durch neue geschichtliche Erkenntnisse zu
erhalten. Der Bundespräsident hatte die bohrenden Fragen seines Amtskollegen
allerdings früh durchschaut und elegant die Themen gewechselt.
Offiziell vernahm man aus dem Präsidentenpalast, nach dem Treffen der beiden
Staatsoberhäupter, dass man über historische Politik gesprochen habe. Hierbei
soll die Notwendigkeit erkannt worden sein, alle Anstrengungen zu unternehmen um
sicherzustellen, dass die Auffassungen bestimmter Gruppen oder Einzelpersonen
nicht den Prozeß der deutsch-polnischen Versöhnung verhindern. Dies kann aber
im Klartext nur bedeuten, dass man gemeinsam darauf hinarbeiten will, die
deutsch-polnischen Beziehungen vor Demokratie, Moral und Menschenrechte zu
setzen, worunter dann nicht nur Betroffene, sondern auch der Journalismus und
Journalisten leiden könnten, die an einer seriösen Aufarbeitung der gemeinsamen
Geschichte arbeiten. Dass Köhler sich in dieser Frage mit Kaczyński einig ist,
beweist natürlich ihr Schweigen um die Hintergründe der erst kürzlich in Polen
entdeckter "mysteriöser" deutscher Massengräber mit tausenden Zivilisten.
Köhler hat bei seinem Warschauer Gespräch aber auch klargestellt, dass die von
Lech Kaczyński immer wieder angesprochene Vertriebenenstiftung "Flucht,
Vertreibung, Versöhnung", der Versöhnung dienen solle. Doch bemerkte er hierzu,
dass sein polnischer Amtskollege hierzu noch Fragen habe. Der Bundespräsident
gab seinem Gegenüber hierzu wahrheitsgemäß zu verstehen, dass keine wichtige
politische Kraft in Deutschland Ambitionen habe, die gemeinsame Geschichte neu
zu schreiben: "Zwischen Präsident Kaczyński und mir gibt es eine "gute,
vertrauensvolle Grundlage" - hatte er nach seiner Abreise gesagt.
Die deutsche Presse nahm den Besuch ihres Präsidenten in Polen sehr
unterschiedlich war. Die "Rheinische Post" erklärte in ihrer Berichterstattung
zu Köhlers Polen-Besuch, dass kein ernstzunehmender Mensch in Deutschland die
Geschichte rund um den Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen umschreiben wolle und
erklärt somit alle für verrückt, die neueste historische Fakten veröffentlichen
oder verteidigen. Die RP schreibt aber auch, dass kein ernstzunehmender Mensch
in Polen so etwas den Deutschen unterstellen sollte: "Wer das tut, der hat die
Herausforderungen der Gegenwart nicht begriffen." meinen die Autoren dieses
Artikels. Der "Tagespiegel" sieht den Besuch Köhlers bei Lech Kaczyński
nachvollziehbar nüchterner:" Das war kein Besuch zwischen Freunden. Es war die
förmliche Visite eines Präsidenten bei seinem Kollegen im Nachbarland, während
derer beide Staatsoberhäupter angestrengt bemüht waren, sich keinen Fehltritt zu
leisten.
Der Amtsvorgänger von Köhler, Johannes Rau (SPD) und der polnische
Staatspräsident Aleksander Kwasniewski hatten in Danzig im Oktober 2003
gemeinsam erklärt, dass es keinen Raum mehr geben könne für
Entschädigungsansprüche, für gegenseitige Schuldzuweisungen und für das
Aufrechnen der Verbrechen und Verluste. Rau hatte, wie in der SPD im Umgang mit
dem Eigentum und Existenz der Bürger so üblich, seine Zugeständnisse gegen eine
wahrscheinliche, überwältigende Mehrheit des deutschen Volkes und vor allen
Dingen gegen deutsche unschuldige Opfer gemacht, die aus ihren Häusern
vertrieben oder einfach umgebracht wurden. Bekannte Vorreiter solcher Maßnahmen
war auch die DDR-Führung und Willi Brand in den 70er Jahren, die nicht nur die Oder-Neisse Grenze vorbehaltslos anerkannten sondern sogar Stettin noch
obendrauf legten. Dies begründet u. a. auch die heutige harte polnische Haltung
zu Fragen um das Leid der Vertriebenen und der Verbrechen an deutschen
Zivilisten durch Polen, die schon jahrzehntenlang verschwiegen und verschleiert
werden.
Wir müssen in diesem Zusammenhang wohl nicht immer wieder betonen, dass fast
alle Verbrechen dieser Zeit ohne Hitler nicht möglich gewesen wären und er Polen
angreifen liess und damit zumindest materiell, den Weltkrieg auslöste, doch zu
allen Fragen der Geschichte gehört zwischen Freunden und Nachbarn ein Gefühl von
Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Dass man in Warschau diesbezüglich arge Defizite
hat, ist natürlich auch ein Grund warum das Zentrum der Vertreibungen nun fast
widerstandslos von allen deutschen Parteien hingenommen wird. Doch was die
Ansprüche von Vertriebenen gegenüber Polen betrifft, sollte man aus gutem Grunde
doch erst einmal die SPD vor den Karren Richtung Warschau spannen und an deren
Verantwortung für die heutigen Probleme appellieren. Dies kann natürlich nicht
durch entsprechende Kreuzchen auf den Stimmzetteln bei den Bundestagswahlen im
kommenden September sein.
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weitere Informationen:
13.07.2009: Bundespräsident Köhler in alter Heimat
http://polskaweb.eu/deutscher-bundespraesident-koehler-besucht-polen-56888856.html;
13.07.2009: Köhler spricht mit Polens Tageszeitung Nr. 1
http://polskaweb.eu/bundespraesident-koehler-im-gespraech-mit-gazeta-wyborcza-653987.html;
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