Auf einem Auge blind
Deutschland braucht einen
ausgewogenen Kampf gegen Extremismus
von Konrad Badenheuer
Fast
jede Woche führt in Deutschland linksradikale Gewalt zu Sach- und Personenschäden.
Dennoch fehlt der politische Wille, den völlig einseitigen „Kampf gegen Rechts“
durch einen verfassungsmäßig gebotenen Kampf gegen Extremismus zu ersetzen.
An die 400 Autos wurden allein seit Anfang 2007 in
Berlin abgefackelt, und vor dem 1. Mai können die Krankenhäuser Sonderschichten
planen, um die vielen verletzten Polizisten verarzten zu können. Berlin ist zwar
das Epizentrum des gewaltbereiten Linksextremismus in Deutschland, aber nicht der
einzige Brennpunkt. In Hamburg, der zweitgrößten deutschen Stadt, krachte es vor
wenigen Tagen nach dem sogenannten Schanzenfest. Rund 1.000 „Autonome“ lieferten
sich eine Straßenschlacht, die bis in die Morgenstunden dauerte. Die Polizei nahm
86 Gewalttäter fest, ein Polizeisprecher beschrieb die Lage nüchtern: Im Viertel
um die Hafenstraße lebten nun einmal rund 1.000 gewaltbereite Personen, davon rund
600 linksextrem oder autonom, weitere rund 400 werden der sogenannten „gewalt-erlebnisorientierten
Szene“ zugerechnet. Man könnte auch von Nihilismus sprechen angesichts dieser völlig
sinnlosen Freude an der Gewalt. Wie auch immer geartete „Rechte“ erwähnte die Hamburger
Polizei hingegen nicht. Zu Recht: Denn wer sich dort als wie auch immer gestrickter
Rechtsradikaler zu erkennen gäbe, müßte lebensmüde sein. Im übrigen sei das Schanzenfest,
so die Polizei sinngemäß, nun eben der feste Termin für linke Randale, nur sei es
dieses Jahr ein bißchen mehr gewesen als sonst.
Nicht nur die Dimension der Gewalt verstört, sondern
auch ihre Vorhersagbarkeit und die offenkundige Hilflosigkeit der Politiker. Was
im Falle rechtsradikaler Täter zumindest den sofortigen Rücktritt von Innensenatoren,
wenn nicht hektische Staatsaktionen auslösen würde, führt bei Gewalt von Links zu
Achselzucken oder bestenfalls zu abstoßenden Debatten, die etwa um die Frage kreisen,
ob in den betreffenden Vierteln genug Sozialarbeiter („Streetworker“) tätig sind
oder ob womöglich die Polizei die Eskalation provoziert haben könnte.
Doch die Politik ist nicht nur auf einem Auge blind.
Zur offenkundigen Blindheit auf dem linken Auge kommt die fehlende Sehschärfe auf
dem rechten. Natürlich muß jeder Rechtsextremismus schon im Ansatz politisch bekämpft
werden. Aber wer definiert die Grenze zwischen gediegen konservativ und bekämpfenswert
rechtsradikal? Die Unionsparteien haben diese Definitionshoheit allzu oft ihren
politischen Gegnern überlassen, mit der fatalen Konsequenz, daß heute ehemalige
Stammwählergruppen der CDU im Zuge des aus Steuermitteln finanzierten „Kampfes gegen
Rechts“ systematisch politisch zurückgedrängt werden. Nicht selten geschieht dies
letztlich sogar mit dem Segen der CDU, die sich dennoch über das Abschmelzen ihrer
Stammwählerschaft wundert. Deutschland, 2009.