|
|
Entschädigungsklage: Das Nehmen der anderen Die griechische Regierung hat sich einer Klage gegen Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag angeschlossen. Sie will eine millionenschwere Entschädigung wegen der Tötung von 215 Bewohnern des Dorfes Distomo im Juni 1944 durch Angehörige der Waffen-SS erreichen. Dazu war es gekommen, nachdem Partisanen aus dem Dorf heraus deutsche Soldaten beschossen hatten. Laut Ministerpräsident Giorgos Papandreou soll mit der Klage das Andenken derer geehrt werden, die ihr Leben für ihr Land ließen. Darauf läßt sich nur mit Loriot antworten: Ach was? Sicher, Papandreous Amt gehört zu den undankbarsten in ganz Europa. Der Ministerpräsident mußte harte Einschnitte verkünden, damit sein Land unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen konnte. Die ausgelöste Volkswut sucht er nun nach außen zu lenken. Gleichzeitig setzt er Deutschland unter Druck. Wie verzweifelt muß dieser intelligente und weltläufige Mann sein, wenn er die Toten eines vor 65 Jahren beendeten Krieges aufmarschieren läßt, um von Berlin die Finanzierung seines bankrotten Staates zu erpressen. Denn um nichts anderes geht es. Ein konservativer Abgeordneter hatte vor einem Jahr im Athener Parlament erklärt: „Wie kann Deutschland die Frechheit besitzen, uns wegen unserer Finanzen anzuklagen, während es immer noch keine Entschädigung für die griechischen Opfer des Zweiten Weltkrieges gezahlt hat?“ Der Sozialist Papandreou fügte erläuternd hinzu, daß die Frage der Kriegsreparationen zwar nicht akut, doch immerhin „offen“ sei. Von dreistelligen Milliardenbeträgen ist die Rede. Europa-Ideologie erweist sich als sinnleere Lyrik Das heißt: Die Griechen beanspruchen, nicht als Bittsteller und Euro-Betrüger an die Tür zu klopfen, sondern voller Stolz die Milliarden einzufordern, die ihnen historisch und rechtlich angeblich zustehen. Die Bundesrepublik Deutschland wird vor die Wahl gestellt, entweder ihrem eingeschliffenen Schuldkomplex zu folgen und einer faktischen Transferunion zuzustimmen, oder die Distomo-Klage wird nur der Anfang einer Klagewelle sein, die sie moralisch nicht durchsteht. Vom Internationalen Gerichtshof wird die Bestätigung eines Urteils erwartet, das von der griechischen Justiz gefällt wurde. Die Staatenimmunität, wonach kein Staat der richterlichen Gewalt eines anderen unterworfen werden darf, würde für Deutschland aufgehoben. In Italien sind mehrere Dutzend ähnlicher Klagen anhängig. Beide sind sogenannte befreundete Staaten, mit denen man eine Währungsunion als Vorstufe zu einer politischen Union eingegangen ist. Just ab dem Moment, da keine deutschen Überschüsse mehr zu verteilen sind, erweist die Europa-Ideologie sich als sinnleere Lyrik. Der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen sprach im Dezember während der ZDF-Sendung von Maybrit Illner Klartext. „Wir sollten bitte nicht vergessen – dieses ganze Projekt ‘Europäische Einheit’ ist wegen Deutschland notwendig geworden. Es ging immer (darum), Deutschland einzubinden, damit es nicht zur Gefahr wird für andere. Das dürfen wir in diesem Land nicht vergessen. Wenn Sie glauben, daß das 65 Jahre nach Kriegsende keine Rolle mehr spielt, dann sind Sie vollkommen schief gewickelt. Ich kann Ihnen nach 10 Jahren Brüssel sagen: das spielt jeden Tag noch, jeden Tag noch eine Rolle.“ Der ideelle Gehalt der Europäischen Union ist damit gewiß nicht vollständig beschrieben, doch dieses Motiv bildet ein wesentliches Element. Manche EU-Partner begreifen Brüssel als ein institutionalisiertes Versailles unter dem Motto: Deutschland zahlt alles! Als politische und moralische Handhabe dient das Dritte Reich. Scheckbuchdiplomatie kann die Politik nicht ersetzen Es wäre kindisch, den anderen Ländern vorzuwerfen, daß sie ihre Interessen gegenüber Deutschland vertreten. Normalerweise überfordert ein Staat den anderen aber nicht und gestattet ihm, sein Gesicht und die eigenen Interessen zu wahren. Und zwar deswegen, weil man sich im Leben stets zweimal begegnet. Wenn die Partnerländer finden, daß Deutschland solchen Respekterweis nicht verdient, dann ist das nicht deren, sondern unser eigenes Problem und ein Hinweis darauf, daß die deutsche Schuldbeflissenheit keine Grundlage ernstzunehmender Außenpolitik ist. Die Scheckbuchdiplomatie war aus den bekannten Gründen für lange Zeit das wichtigste Mittel, das die Bundesrepublik in ihren Außenbeziehungen zur Verfügung hatte, doch sie konnte und kann die Politik nicht ersetzen. Auch an die alten und neuen EU-Partner sind im Laufe der Jahre Hunderte Milliarden geflossen. Zuletzt hat man sogar die Beneš-Dekrete und damit neben der kollektiven Enteignung der Deutsch-Böhmen auch die Straflosigkeit von Massakern abgenickt. Mit dem hauptsächlichen Ergebnis, daß die vermeintliche historische Einsicht als politisch-moralische Schwäche identifiziert wurde, die es weiter gehörig auszunutzen gilt! Wenn andere Länder sich heute anklagend auf das Dritte Reich beziehen, dann geht es um den politischen, finanziellen und moralischen Vorteil; die Ehre der Opfer ist bloß der Vorwand. Deutschland tut weder sich selbst noch Europa einen Gefallen, wenn es sich stets bis zur Unkenntlichkeit zurücknimmt. Das Vakuum, das zurückbleibt, wird von keiner übernationalen europäischen Idee ausgefüllt, sondern vom ungenierten Egoismus der anderen. - JF 4/11
Diskutieren Sie diese Meldung in unserem Forum _________________________________
Diese Netzseite ist optimiert für
800x600 / 1024x768 oder höher und 24 Bit Farbtiefe sowie MS-Internet Explorer 11.x
oder höher. |
|