Die Sprachglosse: Rechts ist nur
noch das Nichts
Früher gab es rechts noch etwas, wenigstens eine Wand.
Jetzt gibt es dort nur noch Extremismus
Von Berthold Kohler
Rechts ist für den Rest der Welt da, wo der Daumen links ist.
In Deutschland ist rechts da, wo keiner sein will, der noch alle Tassen im
Schrank hat. Politisch fängt dieses Land ganz links außen an und hört dann
schlagartig in der Mitte auf. Während sich dort alles drängt - sogar Jürgen
Trittin will inzwischen zur linken Mitte gehören -, ist rechts von der
Mittellinie für einen nach Schröderschen Maßstäben anständigen Demokraten nichts
zu entdecken, geschweige denn zu gewinnen.
Früher, so etwa um Franz Josef Strauß herum, muss es da noch etwas gegeben
haben, wenigstens eine Wand. Heutzutage trifft man dort nur noch auf das
vollkommene Nichts. Nicht einmal in der rechten Mitte wollen Parteien wie CDU
und CSU noch so recht verortet werden. Es könnte ja einer auf die Idee kommen,
sie wären dann ein Fall für das geplante „Abwehrzentrum Rechts“.
Denn „rechts“ ist in diesem Land, dahin haben es die Linke und die sich
unermüdlich an jeder „Kampagne gegen rechts“ beteiligende Union gebracht, zu
einem Synonym für rechtsradikal und rechtsextrem geworden. Was früher
rechtsradikal oder rechtsextremistisch genannt wurde, heißt jetzt oft nur noch
rechts: „die rechte Gewalt“, „der rechte Terror“, „die rechte Szene“. Mit
rechtem Terror sind dabei natürlich nicht die Manieren von Ronald Pofalla
gemeint.
Dass die Linke die Gleichsetzung von rechts mit
rechtsextrem als weiteren Triumph ihres Bestrebens feiert, die Grenzen des
Korridors gerade noch erlaubter Meinungen enger zu ziehen, ist leicht zu
verstehen.
Wo aber sind die Mahner, die sonst jede
Relativierung geißeln? Und warum macht die mittige Mitte begeistert mit bei der
Vergrößerung der politisch-rhetorischen No-go-area auf ihre Kosten? Erkennt denn
niemand die Gefahr? Ohne volldemokratische rechte Pufferzone fängt rechts von
Angela Merkel doch gleich der Extremismus an. Soll die CDU-Vorsitzende
vielleicht sagen: „Rechts von mir ist nur die NPD“? Da lachte ja nicht bloß der
Bayer im Himmel.
Eine wenigstens begriffliche Lösung für dieses
Problem kann jetzt wohl nur noch das Zentrum für Rechtslinguistik liefern, das,
bei linkem Lichte besehen, allerdings auch ein Fall für den Verfassungsschutz
sein dürfte, angesichts der Unbelehrbarkeit, mit der es an seinem Namen
festhält.
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Quelle:
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