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Bezeichnende Sichtachse Inzwischen ist das Thema weg, da gibt´s gar keine Aufregung mehr.“ Der Kommentar eines Vertreters der „Stiftung Flucht Vertreibung Versöhnung“ – geäußert vergangene Woche nach der Vorstellung der Architekturentwürfe für die Umgestaltung des Berliner Deutschlandhauses – dürfte mehr sagen als alle anderen Wortmeldungen zum Abschluß des Wettbewerbes. Ist schon der Name der Bundesstiftung, der die ursprünglich vom Bund der Vertriebenen für die Einrichtung vorgesehene Bezeichnung „Zentrum gegen Vertreibungen“ ersetzt hatte, ein Hinweis auf die politische Umformung der einstigen Intention, spiegelt nun auch der voraussichtliche Siegerentwurf des österreichischen Architekturbüros von Bernhard und Stefan Marte das offenbar im erweiterten Stiftungsrat vorherrschende Geschichtsbild wider. So soll das in der Nähe des Potsdamer Platzes gelegene Deutschlandhaus mit Ausnahme der beiden Fassaden zur Stresemann- und zur Anhalter Straße weitgehend entkernt werden, während die restliche Fläche durch einen Neubau ersetzt wird, in dem die künftige Ausstellung zum Thema Flucht und Vertreibung untergebracht werden soll. Von hier fällt dann der Ausblick auf das Gelände der einstigen Gestapo-Zentrale, der heutigen Dokumentationsstätte „Topographie des Terrors“. Diese Blickachse, so der beispielhafte Tenor der Berliner Zeitung, symbolisiere „eine sinnvolle Bindung zwischen Ursache und Wirkung der Vertreibungstragödien des Zweiten Weltkriegs“. Kurioserweise war die Gestaltung der „Topographie des Terrors“ einst an den Architekten Peter Zumthor vergeben worden, bis das Verfahren wegen der Explosion der Baukosten erneut ausgeschrieben werden mußte. Der Entwurf des Büros Marte.Marte Architekten ZT GmbH erinnert nun ebenfalls durch seine klaren Oberlichter und Betonwände an das Vorbild Zumthor mit seinem Bregenzer Kunsthaus. Die Baukosten – veranschlagt sind 25 Millionen Euro – liegt ebenfalls in diesem Rahmen. Die Wendeltreppe im Zwischengeschoß verweist indes auf Oscar Niemeyers Außenministerium in Brasilia. So imposant diese Vergleiche im Inneren sein mögen, ist jedoch vom angeblich „sichtbaren Zeichen im Stadtbild“, wie es der Staatssekretär Rainer Bomba zur Vorstellung der 21 Wettbewerbsentwürfe nennt, und wie es einst 2005 im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vereinbart worden war, nichts zu sehen. So vermißt auch ein Architekt im Publikum eine nach außen sichtbare politische Aussage in dem Siegerentwurf.
Zwar wurde neben diesem auch ein weiterer erster Preis an das Dresdner Büro F29 Architekten GmbH vergeben, die nun aber doch das Nachsehen haben sollen – obgleich dieser Entwurf, der nur relativ bescheidene Eingriffe in die Bausubstanz vorsieht, von den Baukosten voraussichtlich deutlich niedriger anzusetzen ist als der des Vorarlberger Büros Marte.Marte. Bereits jetzt ist damit zu rechnen, daß die Kosten überschritten werden. Dennoch ist es aus Sicht der Beteiligten ein Erfolg, sei doch hiermit endlich „ein wichtiges Etappenziel“ für die Vertriebenenstiftung erreicht. So nämlich sieht es Klaus Brähmig, der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Doch was nutzt die Etappe, wenn das Ziel allmählich aus den Augen gerät? Denn tatsächlich haben die Vertriebenen – seit der Stiftungsrat auf 21 Mitglieder erweitert wurde und die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, auf ihren Sitz verzichten mußte – nur noch sechs Vertreter in dem Gremium. Gleichwohl ist zu konzedieren, daß die Realisierung des Projektes schließlich rasch vorangeschritten ist. Zu verdanken ist dies nicht zuletzt dem Einsatz von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU). So hatte sich das Preisgericht in einer einzigen, sechzehnstündigen Sitzung zu seiner Entscheidung durchgerungen. Dennoch irritiert die daran anschließende Bemerkung des Stiftungsdirektors Manfred Kittel, dem zufolge „wir im Vergleich mit anderen erinnerungspolitischen Orten ganz gut in der Zeit liegen“. Wenn es bei den Planungen bleibt, soll das Haus, das das Schicksal der 15 Millionen deutschen Heimatvertriebenen dokumentieren soll (Kittel: „ein Lern- und Erinnerungsort zur Vertreibung“), im Sommer 2015 eröffnet werden. Dann wird die Zahl der Zeitzeugen, die die Vertreibung mit vollem Bewußtsein erlebt haben, noch einmal deutlich abgenommen haben. Dabei könnten, ja müßten längst schon die vielen und einstmals zahllosen erschütternden Schicksale in Interviews und Berichten dokumentiert werden, wie sie etwa auf den großen Vertriebenentreffen möglich wären. Doch hierfür interessiert sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen ganz offensichtlich bisher nur am Rande.
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