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Bad Nenndorf / Kurpark „Radikalisieren ist saublöd, Extremisten machen alles kaputt.“ Es sind deutliche Worte – ausgesprochen von einer Frau, die sonst die poetischen Töne schätzt. Hildrun Aschenborn war eigens aus dem Westerwald nach Bad Nenndorf zu den Agnes-Miegel-Tagen gekommen, um sich in Reaktion auf die in vielen Städten tobende Diskussion über die Einstellung von Miegel zum Nationalsozialismus, für die Dichterin auszusprechen. Deren Werk sei ihrer Familie in Namibia über Generationen hinweg ein Halt gewesen. Ob Denkmal oder Umbenennung von Straßen, Plätzen und Schulen: Dass in Deutschland und ausgerechnet in Miegels letzter Heimatstadt das Andenken infrage gestellt wird, war Aschenborn und vielen Besuchern unverständlich. Politische Hetze sei bei Miegel niemals aufgetaucht. Vielmehr habe sie als Vertriebene viel geschrieben gegen Gewalt und die Folgen. Werke, die ihren Weg bis nach Afrika gefunden haben. „Das ist uns ein Anliegen“, betonte Aschenborn auch im Namen ihrer 95-jährigen Mutter. „Wir sind Aschenborn“, erklärt sie und präsentiert das Familienwappen an ihrer Bluse. Das stamme ebenso von Willibald Völsing, wie die fast lebensgroße Bronzefigur von Miegel, die als Denkmal im Bad Nenndorfer Kurpark steht. Geschaffen vom Essener Bildhauer Ernst Backländer wurde diese bei der Feier zu Miegels 30. Todestag am 26. Oktober 1994 der Öffentlichkeit präsentiert. Die Gemeinde könne das Denkmal nicht eigenmächtig entfernen, meinte Hannelore Canzler, die seinerzeit Vorsitzende der Agnes-Miegel-Gesellschaft war. Stifter Völsing aus Hasede bei Hildesheim wäre damit niemals einverstanden. Im Entnazifizierungsverfahren sei Miegel voll entlastet worden. Nur wer die 40 Briefe Miegels gelesen habe, könne ihre Lebensumstände in der Insellage Ostpreußens verstehen, relativierte Professor Paul Leidinger aus Warendorf die von Kritikern im Publikum als Führerkult interpretierte Textpassage. Darin befinde sich keine Spur von politischen Aussagen. Miegel sei es darum gegangen, Migranten und Einheimische zu integrieren, betonte er. Wie es sich anfühlt, von der Ferne aus den Bezug zur Heimat zu vermissen, weiß auch Aschenborn, die vor fünf Jahren nach Deutschland zurückkehrte: „Im Ausland steht man immer zwischen zwei Welten“, erklärt sie, „mein Vaterland war immer Deutschland, doch Afrika bleibt mein Heimatland.“ Dieses Gefühl: „Wer könnte das besser beschreiben als Agnes Miegel“, erklärt sie die Bedeutung der Dichterin für Deutsche im Ausland, die gerne Miegels letzte Ruhestätte in Bad Nenndorf besuchen. Miegel habe rechtzeitig vor ihrem Tod die Grabstelle gekauft und dafür gesorgt, dass ihre Lebensgefährtinnen nicht damit belastet werden, berichtet die Vorsitzende Marianne Kopp. Die Liegezeit läuft jetzt nach 50 Jahren aus. Falls die Stadt entscheide, sich nicht mehr um das Grab zu kümmern, müsste das der ohnehin finanzschwache Verein übernehmen, bedauert sie. „Eine Schande“ ist das aus Sicht von Detlef Suhr sowie eines Besuchers aus Hamburg,
wenn eine Stadt es zulassen würde, dass das Grab einer Ehrenbürgerin eingestampft
werde. Agnes Miegel war 1954 zur Ehrenbürgerin ernannt worden. Noch ist nichts entschieden.
Zum Denkmal meinte die frühere CDU-Vorsitzende Ursula Teßmer, dieses könne mit einer
erklärenden Tafel als Denkanstoß erhalten werden.
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