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BdV-Pressemitteilung 16.11.2012:
BdV-Präsidentin Erika Steinbach:
Europarat reklamiert gravierende Defizite
Polens für deutsche Volksgruppe
Zum Bericht des Europarates zur Anwendung der „Europäischen Charta der
Regional- und Minderheitensprachen“ in der Republik Polen und speziell zur
Förderung der deutschen Minderheit erklärt BdV-Präsidentin Erika Steinbach MdB:
Ich
begrüße den ausführlichen Staatenbericht zur Lage der deutschen Sprache als
Minderheitensprache in Polen. Der Sachverständigenausschuss schildert darin
sorgfältig und umfassend die Lage und den Stellenwert des Deutschen als
Unterrichts- und Minderheitensprache für die deutsche Volksgruppe in Polen auf
der Basis der von Polen eingegangenen Verpflichtungen.
Es wird deutlich, dass neben einigen erfüllten Verpflichtungen nach wie vor
zahlreiche gravierende Defizite in Polen vorhanden sind, so dass zu hoffen
bleibt, dass die unterbreiteten Verbesserungsvorschläge jetzt auch umgesetzt
werden.
Dabei ist es auch Aufgabe der deutschen Bundesregierung, auf die Erfüllung der
polnischen Verpflichtungen hinzuwirken.
Sachverständigenauschuss des Europarates mahnt an:
-
- Unterricht in Deutsch auf Vorschul-,
Grundschul- und Sekundarschulniveau anzubieten und in den Gebieten, in denen
Deutsch gebraucht wird, Kontinuität von der Vorschulerziehung bis zur
Sekundarschulbildung sicherzustellen
-
- für die Aus- und Weiterbildung von
entsprechenden Lehrkräften zu sorgen
-
- in einer großen Zahl von Gebieten, in denen
Deutsch herkömmlicherweise gesprochen wird und Deutschsprachige in einer für
die aktuelle Verpflichtung relevanten Anzahl leben, muss die deutsche Sprache
auch bei den örtlichen und regionalen Behörden verwendet werden dürfen, selbst
wenn der Schwellenwert von 20 Prozent nicht erreicht wird
-
- den Sprechern von Regional- oder
Minderheitensprachen die gesetzliche Möglichkeit einzuräumen, mündliche oder
schriftliche Anträge in ihren Sprachen auch in Distrikten (powiaty) und
Woiwodschaften zu stellen, in denen die Zahl der Sprecher groß genug ist
-
- den Gebrauch oder die Annahme von deutschen
Ortsnamen auch durch diejenigen örtlichen und regionalen Behörden zuzulassen
und/oder dazu zu ermutigen, in deren Zuständigkeitsbereich Deutschsprachige
den Schwellenwert von 20 Prozent zwar nicht erreichen, aber eine
Sprechergruppe darstellen, die für den Zweck dieser Verpflichtung groß genug
ist
-
- zur Einrichtung mindestens eines öffentlichen
Hörfunksenders und eines öffentlichen Fernsehkanals in Deutsch, zu empfangen
in allen Gebieten, in denen Deutsch gesprochen wird, zu ermutigen und/oder sie
zu erleichtern
-
- bei der Verfolgung ihrer Kulturpolitik im
Ausland die deutsche Sprache und die in ihr zum Ausdruck kommende Kultur
angemessen zu berücksichtigen
-
- die Verbesserung und Kontrolle der Zuschüsse.
Polen wird vom Sachverständigenausschuss aufgefordert, das System der
Gewährung von Zuschüssen zum Unterricht in Regional- oder Minderheitensprachen
zu verbessern und so die Kontinuität des Unterrichts sicherzustellen.
Polnische Behörden sollen vor allem die Verwendung der Zuschüsse regelmäßig
kontrollieren.
Ich unterstütze diese Anliegen.
Die deutsche Sprache ist für die deutsche
Minderheit in Polen wesentlicher Bestandteil ihrer Identität und Kultur. Über
Jahrzehnte hinweg war sie ihr strikt verboten. Es besteht dringend
Nachholbedarf. Sie muss auf breiter Ebene gefördert werden.
Es kann und darf nicht bei der jetzigen Praxis
bleiben.
Polen ist verpflichtet die deutlichen
Aufforderungen des Europarates umzusetzen.
Die Feststellungen des
Sachverständigenausschusses müssen aber auch Eingang in die Gespräche zwischen
Deutschland und Polen finden. Hier ist die Bundesregierung gefordert, mehr als
bisher zu tun.
Der deutschen Minderheit kommt für die
deutsch-polnischen Beziehungen eine wichtige Brückenfunktion zu. Diese wird sie
umso besser erfüllen können, wenn sie in Polen ausreichend gefördert, sowie als
selbständiges und bereicherndes Element wahrgenommen wird.
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