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Prußen statt Pruzzen
von Beate Szillis-Kappelhoff
Immer wieder liest man das Wort "Pruzzen",
manchmal sogar "Prutzen". Das ist falsch, denn der Eigenname der Prußen lautet "Prusai"
(sprich Pruhssai) und bedeutet "der Kluge, Verständige, Einfühlsame". Das ist
nicht etwa Eitelkeit, es sagt nur aus, dass jemand, der mich versteht und sich
in mich hineinfühlen kann, einfach klüger ist als jemand, der dazu nicht in der
Lage ist. In der verwandten altindischen Sprache heißt „purusah“ Mensch.
Folgerichtig wurden die Deutschen, die nicht ganz viel von den Prußen verstanden
und ihre sehr komplizierte Sprache nur radebrechten, dann auch "Mixkai/ Mikski"
genannt. Das bedeutet "Stammler".
Die baltischen Laute sind eigentümlich. So wird
das einfache "s" wie unser deutsches scharfes "ß" (sz) ausgesprochen. Der
baltische Buchstabe "z" wird dagegen wie unser stimmhaftes "s" wie im Wort
"sausen" gesprochen. Durch die mittelalterliche Schreibweise „33“ entstand so
aus „ß“ bzw. "sz" versehentlich ein "zz". Leider entstand auf diese Weise die
falsche Schreibweise "Pruzzen". Wie jeder weiß, prägen sich Fehler am besten ein
und sind am schwersten auszurotten. Unsere preußischen Vorfahren waren da
klüger, denn sie benannten den Staat Preußen nach dem prußischen Land "Pruse".
Die Prußen hatten angeblich keine eigene
Schriftsprache, obwohl sie in ständigem Kontakt zu anderen Ostseeanrainern
standen und die Vorzüge des Schriftverkehrs kannten. Es kann nicht
ausgeschlossen werden, dass Schriftdokumente vernichtet wurden. Den
Ordensrittern standen nur sehr wenige prußische Dolmetscher zur Verfügung. So
wurden Polen engagiert, die sich beim Aufschreiben nicht anders zu helfen
wussten, als ihre Schrift für die baltischen Laute anzuwenden. Da kam es dann
häufig zu Missinterpretationen. Jedem sind wahrscheinlich schon die vielen
ostpreußischen Namen mit "Sz" aufgefallen. Die polnischen Dolmetscher sprachen "Sz"
wie "Sch" aus, wandten diese Schreibweise aber auch auf den baltischen Laut "Zh"
an, der wie das "G" in "Gelee" oder das zweite "g" in "Garage" oder das
französische "j" in "journal" ausgesprochen wird. Die Litauer schreiben ein "Z"
mit einem umgekehrten Dach darauf, wofür sich im Internet die Schreibweise "Z^"
oder "Zh" durchgesetzt hat.
Andere Laute und Buchstaben haben eine ähnlich
komplizierte Geschichte. Das sollte man für seine Ahnenforschung wissen, denn
häufig sucht man vergeblich einen Namen und übersieht dabei die andere
schriftliche Ausdrucksmöglichkeit. So wird das prußische "c" wird wie unser "tz"
gesprochen, während die Schreibweise "cz" wie "tsch" gesprochen wird. Sehr
verwirrend wird es mit dem Buchstaben "g", denn für den gibt es viele
Möglichkeiten der Aussprache, aber keine Entsprechung im Deutschen. Ein kleine
Hilfe: folgt ein Vokal, so wird das "g" meist wie "j" gesprochen: Jejend statt
Gegend, Jilje statt Gilge, Danje statt Dange und Minje statt Minge. Folgt dem
"g" ein Konsonant, so wird ein weiches gutturales "ch" gesprochen: Chnade statt
Gnade, Chraben statt Graben.
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