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Der König bittet zum Schulbesuch Wer seinen Untertanen Schulbildung ermöglicht, tut mehr für sie, als wenn er neue Gold- und Silberminen fände. Die Worte des Reformators Philipp Melanchthon fielen in der friderizianischen Ära auf fruchtbaren Boden. Schaukelnd bahnte sich die Kutsche ihren Weg durch den Sand der brandenburgischen Landstraßen von Dorf zu Dorf. Die Herren der Abteilung für geistliche Angelegenheiten aus Berlin wurden tüchtig durchgerüttelt. Auf Order Friedrichs des Großen waren sie wochenlang unterwegs, um die Schulen zu visitieren. Was sie vorfanden, war ein Beweis dafür, dass die vom König angeordnete Schulreform noch längst nicht überall angekommen war. In dem Bericht einer Schulvisitation von 1782 heißt es:
Wenn die Schulkommission auch frustriert nach Berlin zurückkehrte, in Preußen lernten immer mehr Kinder lesen und schreiben. 1717 hatte der Vater Friedrich des Großen, Friedrich Wilhelm I., die allgemeine Schulpflicht für Knaben und Mädchen eingeführt. Hintergrund war die Erkenntnis, dass die wachsende Handwerkerschaft Nachwuchs brauchte, der lesen, schreiben und rechnen konnte. Bis dahin war es den Eltern überlassen, ob ihre Kinder etwas lernen sollten. Die Lehrerschaft bestand aus Pfarrern, Theologiestudenten und Feldpredigern.
Die von Friedrich Wilhelm I. verordnete Schulpflicht setzte sich kaum durch. Besonders auf dem Lande war Kinderarbeit gang und gäbe. Die Bauern schickten ihre Kinder lieber aufs Feld als zur Schule. Während der Sommermonate fand auch dort, wo es Schulen gab, kein Unterricht statt. Die langen „Großen Ferien“ sind ein Relikt aus dieser Zeit. Friedrich Wilhelm I. sah sich gezwungen, mehr Druck zu machen. 1736 verkündete er sein Schuledikt, die Principia regulativa:
Geregelt wurde nun auch das bescheidene Einkommen der Lehrer. Jeder Lehrer erhielt „von Seiner Königlichen Majestät einen Morgen Land, (welcher allemal hinter seinem Hause anzuweisen) solchen aufs beste zu nutzen. Die eingewidmeten Dorfschaften bearbeiten solchen und halten ihn im Gehege. Zur Subsistenz wird dem Schulmeister eine Kuh und ein Kalb, item ein Paar Schweine und etwas Federvieh frei auf der Weide gehalten und 2 Fuder Heu und 2 Fuder Stroh gereichet.“ Der fortschrittliche Theologe und Pädagoge Johann Julius Hecker, der schon Friedrich Wilhelm I. beraten hatte, stand auch bei dessen Sohn in hohem Ansehen. Am 12. August 1763, gleich nach Ende des Siebenjährigen Kriegs, erließ der Alte Fritz auf Betreiben des Pädagogen das Generallandschulreglement, um das Analphabetentum in den Dörfern endlich wirksam zu bekämpfen. Das Schulreglement begründete das Volksschulwesen. Überall entstanden nun öffentliche „teutsche“ Schulen, aber es fehlte an Lehrern, besonders in den Dörfern. Der Alte Fritz löste das Problem auf pragmatische Weise. Nach Friedensschluss gab es ein Heer von Veteranen, die nicht mehr gebraucht wurden. Ihr neuer Verwendungszweck war das Lehreramt. Ob sie die Qualifikation dazu besaßen, spielte keine Rolle. Friedrich legte andere Kriterien an. Er suchte nur Soldaten aus, die in tapferen Regimentern gekämpft hatten: Angehörige von Regimentern, die den ganzen Krieg „geberenheitert haben, Krigen nichts.“ Und überhaupt: Die Dorfkinder sollten nach Friedrichs Vorstellung nur so viel lernen, dass sie „nicht alle in die Stadt laufen und Sekretairs“ werden wollen. Die Oberhoheit über dem sich allmählich entwickelnden preußischen Schulsystem blieb zunächst bei der protestantischen Kirche. Neben dem König erkannten auch einige seiner Adligen, dass die Armut und der schlechte Gesundheitszustand der Landbevölkerung nur durch Bildung zu verbessern war. Der Gutsbesitzer Friedrich Wilhelm von Rochow in Brandenburg fand mit seiner „Musterschule“, für die er sogar ein eigenes Gebäude bauen ließ, bald Nachahmer. Die Manufakturen, Vorstufe zur Industrialisierung, verlangten mehr Wissen als das ABC und das kleine Einmaleins. Das sollten die Realschulen vermitteln, fortführende Schulen im modernen Sinn. Die Schüler lernten Mathematik, Chemie und Physik. Angeblich hoffte Friedrich dadurch auch qualifizierte Mitarbeiter für seine Seidenraupenzucht zu gewinnen, die er ziemlich erfolglos bei Köpenick betrieb. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden in Preußen erstmalig separate Klassenräume eingerichtet. Dass der Unterricht weiter in der Wohnstube, der Scheune oder dem Stall des Lehrers stattfand, lehnten die Schulexperten als rückständig ab. Die Bänke sollten in den Klassenräumen so stehen, dass das Licht von links einfällt, um den Kindern das Lesen und Schreiben zu erleichtern, auch daran wurde gedacht. 1787, ein Jahr nach dem Tod Friedrich des Großen, ließ sein Nachfolger Friedrich Wilhelm II. das protestantische Schulministerium auflösen. Die Bildung des Volkes wurde Sache des Staats.
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