|
|
Ohne Pomp und Zeremoniell Friedrich II. zeigte sich bereits in jungen Jahren als volksnaher und arbeitssamer Monarch von Manfred Backerra Friedrich, der neue König, trat am 1. Juni 1740 nach der Huldigung der Stände auf den Balkon des Berliner Schlosses und zeigte sich eine halbe Stunde lang dem jubelnden Volk, das es noch nie erlebt hatte, dass ein Herrscher es so beachtete. Aus den Schlossfenstern regnete es Silbermünzen mit der Aufschrift „veritati et iustitiae“ (Für Wahrheit und Gerechtigkeit). Nach dem harschen Soldatenkönig erwartete man einen charmanten König, denn bis zum Vortage galt Friedrich trotz seiner zerrissenen Jugend noch als „prince charmant“, der frei von Standesdünkel mit Menschen von Geist und Charakter verkehrte. Aber der 28-Jährige hatte sich auf mehr vorbereitet. Er war von raschem und sicherem Urteil. Doch anders als viele Schnelldenker arbeitete er intensiv und stetig. In seiner jugendfrohen Zeit als Regimentschef in Ruppin, dann in Rheinsberg, „wühlte (er) sich in Staatsgeschichten, Dichtungen und in die europäischen Philosophien und Reformschriften hinein“, um es mit dem Historiker Gerd Heinrich zu sagen. Er verarbeitete dies in Wort und Schrift mit Blick auf sein künftiges Amt, so, wie er es 1752 auch seinem Nachfolger empfahl: „Politik ist die Kunst, … stets den eigenen Interessen gemäß zu handeln. Dazu muss man seine Interessen kennen, und … (dazu) … bedarf es des Studiums, geistiger Sammlung und angestrengten Fleißes.“ Denn: „Ein Staatsmann darf niemals sagen, ich habe nicht geglaubt, dass dieses und jenes geschehen könne. Sein Beruf verlangt, dass er alles vorhersieht und auf alles gerüstet ist.“ Er hätte ein fröhliches Regiment führen können, es lockte ein Staatsschatz von mindestens 8,7 Millionen Talern (mehr als eine Jahreseinnahme). Damit hätte er leicht seine 272242 Taler Schulden begleichen können – als notwendige Kosten des Kronprinzen-Hofes und der Anwerbung von Soldaten. Die Sekretäre und Minister seines Vaters hätte er durch seine Freunde ersetzen können. Nichts von dem geschah. Er war sofort „erster Diener seiner Untertanen“, wie er im „Antimachiavell“ kurz zuvor geschrieben hatte. Er behielt die erfahrenen Mitarbeiter und stellte klar: „Ich sehe mein Interesse nur in dem, was zur Erleichterung des Loses meines Volkes und zu seinem Glück beitragen kann.“ Seine Schulden stotterte er über zehn Jahre aus seiner Privatschatulle ab. Zum Regierungsantritt gab es statt Pomp einen Gottesdienst im Dom und eine Parade der Berliner Garnison. Vorher hatte er bereits die Tortur weitestgehend verboten und die Berufung von Geistesgrößen wie dem Philosophen Christian Wolff und dem Mathematiker Pierre-Louis Moreau de Maupertuis eingeleitet. Dann verfügte er die absolute Religionsfreiheit und schaffte ein Departement für Kommerz und Manufakturwesen im Generaldirektorium. Vor den Huldigungsreisen in die Provinzen verbat er sich alles Zeremoniell in den Städten, durch die er reiste, und forderte von den Amtsträgern knappe Berichterstattung, schnelle Erledigung aller Eingänge, sorgsame Nachprüfung aller Bausachen und der zu regulierenden Schadensfälle, Ausgleich der Kassenrückstände im Rahmen des jeweils eigenen Haushalts, keine Verschwendung der Steuergelder durch überflüssige Repräsentationen, Lob und Orden für die Tüchtigen, Tadel und Entlassung für die Faulen und Unredlichen. Nach Königsberg reiste er mit wenig Begleitung in drei Kutschen, trotz der Räuber in den Wäldern nur von einigen Dragonern eskortiert. In sechs Tagen schaffte er um die 700 Kilometer bis Angerburg, wo er dann schon das achte Regiment besichtigte. Über Trakehnen ging es nach Königsberg, wo er drei Tage Stadt, Hafen und Zoll inspizierte, Roggen zur Ausfuhr frei gab, ein Truppenlager und das Große Waisenhaus besuchte. Dann erst folgten die Huldigung der Stände, das Tafeln und ein Fackelzug der Studenten, denen Friedrich Weine „in größter Quantität“ spendierte. Ohne Zeremoniell reiste er frühmorgens ab und war nach 24 Tagen wieder zurück. Schnellste Gangart, schnörkelloses, vernünftiges Handeln kennzeichneten auch seine erste machtpolitische Tat im Herbst 1740: die Abgabe der Baronie Herstal, weil die Herstaler mit Gewalt vom benachbarten Fürstbischof von Lüttich regiert werden wollten. Friedrich sandte 2000 Soldaten dorthin und nötigte den Bischof, ihm die Herrschaft für 240000 Taler abzukaufen. Vor dem Ersten Schlesischen Krieg hatte Friedrich Maria Theresia angeboten, ihr gegen die zu erwartenden Gebietsansprüche anderer Herrscher beizustehen, wenn sie die ihm aufgrund alter Erbverträge zustehenden Gebiete Schlesiens abträte. Sie tat es nicht. Daraufhin marschierte Friedrich am 16. Dezember 1740 in Schlesien ein. Friedrichs „Rendezvous des Ruhms“, das Preußen neben Krieg und Verwüstung auch Schlesien und den Großmachtstatus einbrachte, hatte begonnen.
Diskutieren Sie diesen Beitrag in unserem Preussen-Forum
|
|