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In Deiner wasserfunkelnden Wälder Wall –
Unter den sausenden Kiefern gehn Kinder Beeren lesen,
Äste knarren, es hämmert ein Specht, fern hallt der Äxte Schall, –
Einsame Mutter Masuren, denkst Du dann
Wie es damals gewesen? – –
Mutter, Deine Kinder denken daran!
In der arbeitsgegeißelten Menge jagen,
Zwischen der Hupen Geheul, dem Rollen, Geklirr und Geschrei,
Eine Stimme hörten wir klagen:
„Meine Kinder, helft mir und macht mich frei!“ –
Und wir kamen, Mutter, wir kamen zu Dir!
Leer stand der Schreibstuhl, der Hörer hing still, kalt wurde der Herd,
Sausende Spindeln standen, es ruhte der Pflug, –
Alle von Deiner Not, nicht mehr von eigener beschwert,
Durch das verlorene Land trug uns der klirrende Zug,
Trug durch die freie See und das schwankende Schiff zu Dir. – –
Und Du, Mutter, strecktest die Arme aus,
Hast an Dein klopfendes, glückliches Herz uns genommen:
„Jedes Kindes Stimme gilt gleich in der Mutter Haus!
Ich war in Not. Und ihr seid alle gekommen!
Hart ist fremde Herrschaft. Bitter ist Dienstbarkeit.
Zweimal lag’s über mir. Zweimal habt ihr’s gewandt.
Blut hat mich teuer erkauft. Liebe hat mich befreit, –
O, was ist wärmer und stärker als Kindeshand?“
In Deiner wasserfunkelnden Wälder Wall –
Unter den sausenden Kiefern gehn Kinder Beeren lesen,
Äste knarren, es hämmert ein Specht, fern hallt der Äxte Schall, –
Einsame Mutter Masuren, denkst Du dann
Wie es damals gewesen? – –
Mutter, Deine Kinder denken daran!
Agnes Miegel
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Quelle:
Mauren, Hrsg.: Landsmannschaft Ostpreußen, Abteilung Kultur, 1994 |
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