„Zeit für eine menschenrechtskonforme Lösung“: Erika
Steinbach (r.), Wilhelm v. Gottberg (l.),
Oliver Dix (Mitte) und Alfred Herold (halb verdeckt) bei der Sitzung des
BdV-Präsidiums
am Dienstag in Frankfurt. Bild: ddp
Der
Ball liegt jetzt bei Merkel BdV hält
an Benennung von Erika Steinbach fest
Auch Michael Wolffsohn weist Polemik zurück
von Konrad Badenheuer
Der Streit um die Benennung von Erika Steinbach für
den Beirat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ schwelt weiter. Der BdV
hat auf seiner Präsidiumssitzung am Dienstag die Bundesregierung zur Klärung ihrer
Position aufgefordert. Die Frage des selbstbestimmten Nominierungsrechtes sei ein
„Demokratietest“.
Schon in den Tagen davor hatten die kleineren Koalitionsparteien FDP und CSU immer
deutlicher Stellung bezogen: Guido Westerwelle wies mit immer neuen, immer gegriffeneren
„Argumenten“ eine Berufung der verdienten Menschenrechtspolitikerin zurück, die
CSU stellte sich nochmals mit eindeutigen Worten hinter die Berufung der CDU-Bundestagsabgeordneten,
der ein freundschaftlicher und direkter Draht zur Bundeskanzlerin nachgesagt wird.
Merkel aber hielt sich – zumindest bis zum Redaktionsschluss dieser Zeitung – restlos
bedeckt, was bei den Betroffenen umso mehr Überraschung und auch Irritation auslöste,
als die Kanzlerin in den zurückliegenden Monaten etliche Vertriebenentreffen besuchte,
damit ihre Nähe zu den Vertriebenen zumindest optisch zu erkennen gab und genug
Gelegenheit hatte, ihre Parreifreundin Steinbach in dieser Sache klar zu unterstützen.
Da diese Klarstellung auch in den Tagen vor der BdV-Präsidiumssitzung
ausblieb, begannen in Berlin bereits Spekulationen: Ob der BdV die Nominierung von
Frau Steinbach womöglich zurückziehen und Merkel damit eine späte Stellungnahme
(mit Ärger bei diesem oder jenem Koalitionspartner) ersparen würde? Immerhin hatte
Erika Steinbach in den zurückliegenden Monaten beiläufig schon einmal erklärt, es
sei nicht ihr Berufsziel, „Museumsdirektorin“ zu werden. Allerdings entschied der
BdV letztlich anders. Nach der Sitzung des Präsidiums in Frankfurt veröffentlichte
der Verband folgende Erklärung, die wir nachfolgend im Wortlaut dokumentieren: „BdV-Präsidium
fordert Bundesregierung zur Klärung auf: Selbstbestimmtes Nominierungsrecht ist
Demokratietest!
Das BdV-Präsidium hat auf seiner Sitzung am 17. November
2009 in Frankfurt einstimmig beschlossen: Die Bundesregierung wird aufgefordert,
während ihrer Klausurtagung in Schloss Meseberg den Weg für die Umsetzung des selbstbestimmten
Nominierungsrechts des BdV für die komplette Besetzung des Stiftungsrates der Stiftung
,Flucht, Vertreibung, Versöhnung‘ zu ebnen.
Es ist ein Demokratietest für unser Land.
Die gegen eine Berufung von BdV-Präsidentin Erika
Steinbach, MdB, angeführten Argumente weisen wir zurück. Wir stehen uneingeschränkt
hinter ihr. Das BdV-Präsidium hält an ihrer Benennung fest.“
Damit liegt die „heiße Kastanie“ nun also mitten
auf dem Berliner Kabinettstisch. Die Statuten der unselbständigen Stiftung „Flucht,
Vertreibung, Versöhnung“ sehen nämlich drei Sitze für den BdV mit entsprechendem
Nominierungsrecht vor. Die eigentliche Entscheidung liegt dann zwar bei der Bundesregierung,
es ist jedoch fester Usus in der Demokratie, dass die Nominierung durch den betroffenen
Verband von der Bundesregierung durch eine entsprechende Bestellung respektiert
wird, wenn nicht zwingende Gründe dagegen sprechen. Eben davon kann aber – außer
in den Phantasien einiger polnischer Nationalisten und den taktischen Spielen ihrer
Helferinnen und Helfer in der Bundesrepublik – im Falle von Frau Steinbach ernstlich
nicht die Rede sein.
Auch nach Einschätzung des BdV-Vizepräsidenten Wilhelm
v. Gottberg liegt mit dem Beschluss des BdV-Präsidiums der Ball nun bei der Bundesregierung.
Falls von deren Seite noch Klärungsbedarf bestehe, so v. Gottberg gegenüber der
PAZ, würde der BdV eine Gesprächseinladung gewiss annehmen.
Auch Frau Steinbach selbst betonte die Gesprächsbereitschaft
und auch Geduld des BdV. Sie halte es „für klug, dass die Bundesregierung auf ihrer
ersten Klausur in Meseberg Zeit hat, ihre Positionen zu beraten“, erklärte Steinbach
nach der Präsidiumssitzung. Damit solle das Kabinett die Möglichkeit bekommen, eine
„menschenrechtskonforme Lösung zu finden, die den vielen Freiheitspostulaten im
Koalitionsvertrag entspricht“, stichelte Steinbach in Richtung der FDP und ihres
Parteichefs Westerwelle.
In der breiten Diskussion um das Bennennungsrecht
des BdV hat nun auch der Historiker Michael Wolffsohn Stellung genommen. Der Dozent
an der Münchner Bundeswehruniversität ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats
der von Steinbach angeführten BdV-nahen „Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen“,
auf die die ganze Idee zurückgeht. Wolffsohn lobte nun die „Engelsgeduld von Erika
Steinbach“. Die Politikerin stehe „für einige offenbar als Dauerfußmatte zur Verfügung“.
Auch Wolffsohn übte Kritik an Westerwelle, ohne dessen Namen zu nennen. Von einem
liberalen Politiker erwarte er „Rationalität und Fairness“, nicht aber, dass sich
der Außenminister „auf dem Rücken der Vertriebenen“ zu profilieren versuche.
Einen ganz neuen Aspekt hat Westerwelle zuletzt mit
dem Hinweis aufgeworfen, dass Frau Steinbach im Oktober 1991 gegen die Anerkennung
der Oder-Neiße-Linie als neuer deutsch-polnischer Grenze gestimmt hatte. Tatsächlich
lehnte Frau Steinbach zusammen mit zwölf weiteren Abgeordneten von CSU und CDU den
Vertrag seinerzeit ab, weil noch „keine befriedigenden Lösungen“ für die „berechtigten
Anliegen der deutschen Heimatvertriebenen und der jenseits von Oder und Neiße lebenden
Deutschen“ gefunden worden seien, wie es in einer zusätzlichen Erklärung der 13
Abgeordneten heißt. Dies gelte „insbesondere für die Verwirklichung des Rechtes
auf Heimat sowie für eine einvernehmliche Regelung der durch den Vertrag offen gebliebenen
Eigentums- und Vermögensfragen“. Bundesaußenminister Westerwelle (FDP) hat nun ungewollt
auch daran erinnert.
Ist da ein Anflug
von Ratlosigkeit in den Augen?
Vizekanzler und Kanzlerin am Rande der Kabinettsklausur in Meseberg. Bild:
pa
LO-Sprecher widerspricht Posselt
im Streit um die Berufung von Erika Steinbach
Berlin/Hamburg – Im Streit um die Berufung
von Erika Steinbach in den Beirat des geplanten Vertriebenenzentrums hat der CSU-Europaabgeordnete
Bernd Posselt eine weitgehende Äußerung gemacht. „Ich sage ganz klar: Wenn ihre
Nominierung durch den BdV nicht akzeptiert wird, ziehen wir uns aus dem Stiftungsrat
zurück“, erklärte er Anfang vergangener Woche im „Handelsblatt“. Der Sprecher der
Landsmannschaft Ostpreußen (LO) und Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen, Wilhelm
v. Gottberg, wies diese Äußerung zurück. „Diese Entscheidung liegt allein beim Präsidium
des BdV, aber nicht bei Herrn Posselt, der diesem Gremium gar nicht angehört.“ Zum
Zeitpunkt der Äußerung von Posselt sei sogar noch unklar gewesen, ob und wenn ja
wann der BdV Frau Steinbach letztlich nominieren würde. Er selbst, so v.
Gottberg, glaube fest an ein Zustandekommen des Zentrums unter Mitwirkung des
BdV.
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