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Zu Beginn des Siebenjährigen Krieges eroberten die Österreicher unter Prinz Karl von Lothringen große Teile Schlesiens, am 25. November 1757 fiel Breslau ohne Gegenwehr. Obwohl ihm der Gegner zahlenmäßig um fast das Doppelte überlegen war, beschloss Friedrich der Große, die Entscheidung zu suchen. In Eilmärschen zog er den Österreichern entgegen, die bei Breslau gut gesichert standen. Er handelte wie ein Hasardeur, der alles auf eine Karte setzte. Auf der Gegenseite vertraute Prinz Karl seiner Übermacht, denn er verfügte über 65.000 Mann gegenüber nur 35.000 Mann auf preußischer Seite. Obwohl sein Stellvertreter Feldmarschall Leopold Joseph von Daun ihm riet, die sichere Stellung vor Breslau nicht aufzugeben, rückte er dem König entgegen. Er wollte ihn daran hindern, sich hinter dem Lauf der Katzbach festzusetzen und dort Winterquartiere zu beziehen. Doch Friedrich kam ihm zuvor. Als der König an der Spitze der Vorhut am 4. Dezember vom Anmarsch der Österreicher erfuhr, erkannte er sofort seinen Vorteil. Prinz Karl wurde vom Vormarsch der Preußen überrascht und bezog bei dem an der Straße nach Breslau gelegenen Dorf Leuthen eine mit etwa neun Kilometern Breite überdehnte Stellung. Er betrieb kaum Gefechtsaufklärung, ein weiterer Fehler. Hätte der erfahrene Daun den Oberbefehl geführt, hätte es Friedrich viel schwerer gehabt. Am Abend des 4. Dezember machte der König sein Testament, dem er anvertraute, dass er eine verlorene Schlacht nicht überleben werde. Die Devise lautete: Alles oder nichts. Dann rief er die Generäle und höhere Offiziere herbei und hielt eine temperamentvolle Rede. Er flößte ihnen Mut ein und betonte, dass er in der Schlacht von den Truppen größte Tapferkeit erwarte. Er endete mit den Worten: „Nun leben Sie wohl, meine Herren! Morgen haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns nie wieder!“ Hierauf ritt der König durchs Lager und verbreitete Zuversicht. Am Morgen des 5. Dezember herrschte rund um Leuthen Nebel, der den Aufmarsch von Friedrichs Armee begünstigte. Es lag eine dünne Schneedecke, und der Boden war hart gefroren, was die Bewegungen erleichterte. Friedrich marschierte in vier Kolonnen auf die Österreicher zu und inspizierte von einem Hügel aus ihre Stellungen. Ihre ziemlich breite Ausdehnung kam ihm entgegen. Er fasste den Entschluss, einen Angriff gegen ihren rechten Flügel vorzutäuschen, mit der Masse seiner Armee jedoch nach Süden zu schwenken und ihren linken Flügel bei Sagschütz in „schiefer Schlachtordnung“ flankierend anzugreifen. Auf diese Schlachtordnung setzte er seine Hoffnungen. Offenbar folgte er einer Taktik, die er aus dem Studium der antiken Schriftsteller kannte und die den Thebanern den Sieg über die Spartaner bei Leuktra 371 vor Christus beschert hatte. Der König beginnt mit dem Aufmarsch parallel zum Gegner, Prinz Karl lässt sich vom Scheinangriff täuschen und verlegt sein Reservekorps auf den vermeintlich bedrohten rechten Flügel – noch ein Fehler. Doch der König schwenkt plötzlich nach rechts ab, formiert die Armee in zwei Kolonnen und führt sie, gedeckt durch eine Hügelkette, nach Süden. Dem vordersten Teil des Infanterietreffens folgt dichtauf die schwere Artillerie, um im Schwerpunkt wirken zu können, und auf dem äußersten Flügel konzentriert General Hans Joachim von Zieten seine Reiterei, um die Umfassung einzuleiten. Die übrige Kavallerie unter General Georg Wilhelm von Driesen bleibt auf dem linken Flügel hinter einem Hügel in Reserve. Im österreichischen Hauptquartier kann man sich nicht erklären, wohin die Preußen verschwunden sind. Die fehlende Aufklärung rächt sich. Man rechnet bereits mit dem Abzug des Gegners. Doch General Franz Leopold von Nádasdy, der den Südflügel kommandiert, ersucht um die Mittagsstunde Prinz Karl dringend um Verstärkung, da er mit einem Flankenangriff der Preußen rechnet. Die Reserven sind aber bereits auf dem „falschen“ Flügel eingesetzt, so dass Nádasdy auf sich allein gestellt bleibt. Er kann nicht mehr tun, als seinen äußersten linken Flügel hastig zu verlängern. Als die Umgehung durch die Preußen offenbar wird, ist es zu spät. Kurz vor 13 Uhr reißt der Nebel auf. Friedrich hat seine Infanterie in zwei Treffen aufmarschieren lassen und zieht sie im „Schrägmarsch“ vor, bis sie fast im rechten Winkel zum Gegner steht. Nun beginnt der preußische Flankenstoß mit einer Sturmtruppe von drei Bataillonen, die den beherrschenden Kieferberg erobern. Die nachfolgende Infanterie rollt den Südflügel auf, wobei das Korps Nádasdy völlig aufgerieben wird. Er setzt seine Kavallerie zum Gegenangriff an, doch Zietens Reiterei schlägt ihn zurück und vollendet die Umfassung. Die Österreicher versuchen, so gut es geht, wenigstens das Dorf Leuthen zu verteidigen, und um den ummauerten Kirchhof entspinnt sich ein heftiger Kampf. Erst als Friedrich seine schwere Artillerie einsetzt, wird der Kirchhof unter schweren Verlusten durch ein Gardebataillon genommen. Der Gegner muss aus Leuthen weichen, hat jedoch alle Truppen vom rechten Flügel herangeführt und bildet nochmals eine Kampflinie. Die Schlacht steht, ist noch nicht entschieden, und schon schwindet das Tageslicht. Da setzt die österreichische Kavallerie des rechten Flügels zu einem Flankenstoß an, um die Infanterie zu entlasten, doch die bisher hinter einem Hügel lauernde preußische Reiterei ergreift die Chance, bricht hervor, fasst die gegnerische Kavallerie in der Flanke und zersprengt sie. Die österreichische Armee ergreift die Flucht und zieht sich im Schutz der Nacht zurück. Sie verliert fast 22.000 Mann, darunter 12.000 Gefangene, wogegen die Verluste der Preußen nur 6.400 Mann betragen. Prinz Karl gibt in der Folge Breslau auf und räumt ganz Schlesien. Es war der berühmteste Sieg, den König Friedrich je errang, ein Sieg, der sogar von Napoleon bewundert wurde. Es war auch das einzige Mal, dass der König die „schiefe Schlachtordnung“ mit Erfolg anwandte. Sie sollte später in den Militärakademien als Musterbeispiel für einen siegreichen Flankenangriff gelehrt werden. Als sich die erschöpften Preußen abends auf dem Weg ins Lager befanden, stimmten sie den Choral „Nun danket alle Gott!“ an. Er wurde später zum „Choral von Leuthen“.
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