Der sicher honorige Kampf gegen diskriminierende
Begriffe führt in Deutschland oft zu echten Stilblüten. Problematisch wird es, wenn
mit Wortschöpfungen unser Denken manipuliert werden soll.
Das "Forum für Sinti und Roma" in
Hannover erfreut uns diese Woche mit einem originellen Vorschlag. In einem Brief
an die Hersteller von Grillsaucen fordert es, auf den Begriff "Zigeunersauce" zu
verzichten, um sich nicht dem Vorwurf von Diskriminierung auszusetzen. Einen Vorschlag,
wie die Sauce zukünftig heißen soll, gibt es noch nicht. Das dürfte auch nicht einfach
werden, denn nur "Scharfe Sauce" könnte zu Abgrenzungsproblemen für die Verbraucher
führen. Doch wohin soll das alles führen? Sinti und Roma wurden in Deutschland und
werden bis heute in vielen Ländern diskriminiert. Das ist alles andere als witzig.
Aber was verbessert sich, wenn wir Grillsaucen umbenennen? Müssen wir demnächst
"Lustig ist das Leben der reisenden ethnischen Minderheit, faria, faria ho..." singen?
Seit Jahren erleben wir eine Art Volkserziehung
durch das Ändern von Begrifflichkeiten. Der Sarotti-Mohr war in meiner Kindheit
überall präsent, irgendwann wurde er zum Sarotti-Magier. Der Negerkuss wurde zum
Mohrenkopf, dann zum Schokokuss und ist heute, glaube ich, eine Schaumwaffel. Hat
es etwas geändert? Gibt es keine Diskriminierung mehr? Ist sie weniger geworden?
Ich habe nicht den Eindruck. Und während in unseren Radiosendern Rap-Musik aus den
USA gedudelt wird, in denen sich die schwarzen, also die farbigen, ich meine die
Sänger afroamerikanischer Herkunft, selbst gesanglich als "Niggaz" bezeichnen, arbeiten
wir uns an Lebensmitteln und ihren politisch korrekten Bezeichnungen ab.
Das klingt heiter, ist es aber nicht.
Seit Jahren bemühen sich etwa Feministinnen darum, dem großen "I" zum Durchbruch
zu verhelfen. BürgermeisterIn statt Bürgermeister, neuerdings auch Bürgermeister_In.
Oder die Anrede "Liebe Christinnen und Christen" statt des geschlechterumfassenden
"Christ". Alles in Ordnung, solange es darum geht, Diskriminierung zu vermeiden.
Aber ist Ihnen aufgefallen, dass auf das große "I" gern verzichtet wird, sobald
es negativ besetzte Begriffe sind? Die unsägliche Kampfparole "SoldatInnen sind
MörderInnen" werden Sie nie hören.
George Orwell hat in seinem Roman
"1984" den Begriff "Neusprech" geprägt. Dabei ging es um eine vom Regime künstlich
veränderte Sprache, geschaffen, um das Denken zu manipulieren. Was hat das mit Zigeunersauce
zu tun, werden Sie sich nun fragen. Direkt nichts. Das aktuelle Beispiel sollte
aber anregen, über die Veränderung von Begrifflichkeiten nachzudenken. Und darüber,
ob es nicht der Manipulation dient, wenn zum Beispiel in einer sogenannten "gerechten
Bibel" von "Jüngerinnen und Jüngern" geschrieben steht.