Ermland. Der Name ist vom altpreußischen Gau
Warmien
abgeleitet, der sich fast über die ganze südöstliche Küste des Frischen Haffs erstreckte,
im Landinnern aber als ein Dreieck mit einer stumpfen Ecke bis zur Alle reichte,
begrenzt im Süden von
Pogesanien,
im Osten von Natangen und
Barten. Davon zu unterscheiden ist die
im Auftrage Papst Innocenz IV. vom 29. Juli 1243 durch den Legaten Wilhelm v. Modena bei der kirchlichen Einteilung
des Ordenslandes gebildete Diözese Warmien, die auch die genannten Nachbargaue nebst
dem nördlichen Teil
Galindiens
einschloss, vor allem bis an das Südufer des Pregels reichte, später also auch die
südlichen Vorstädte Königsbergs
einschloss. Das ärmelförmige Gebilde, das wir heute als Ernland kennen und das,
ähnlich wie die ältesten Komtureien, sich von einem schmalen Zugang zum Haff gegen
das Innere zu bis an
die masurische Seenplatte verbreiterte, ist das Territorium, der dritte
Teil der Diözese, in den sich Bischof und Domkapitel wiederum im
Verhältnis 2:1 teilten. Im
Gebiet des Kapitels lagen die Städte Frauenburg und
Allenstein, Sitz des Bischofs war zuerst Braunsberg, dann Wormditt, schließlich Schloß Heilsberg, weshalb das Bistum oft auch
den Namen Heilsberg, neben Warmia und Ermland,
trägt. Im 19. Jh. wurde die Residenz auch nach Frauenburg
verlegt. Seit 1245 ist das gesamte Ordensgebiet kirchlich dem Erzbistum Riga unterstellt.
Die Exemtion, d.h. die unmittelbare Unterstellung der Diözese unter den Papst hat
das Bistum erst erlangt, als 1566 das Erzbistum Riga zu bestehen aufhörte. Die seit
1458 durch Papst Pius II. (Enea Silvio Picoolomini, 1457-1458 auch Bischof von Ermland)
geprägte Formel, das Stift sei Sedi Apostolicae immediate subiectum (dem Apostolischen
Stuhl unmittelbar unterstellt), bezieht sich praktisch nur auf das Territorium.
Aber eine gewisse Sonderstellung hat dieses größte und wichtigste unter den preußischen
Bistümern von Anfang an eingenommen. Während die drei anderen Domkapitel dem Orden inkorporiert
waren, d.h. nur Priesterbrüder des Ordens aufnahmen und somit regulierte Stifter
waren, blieb das ermländische ein weltliches. Doch hatte der Hochmeister das Nominationsrecht
für einige Domherrnstellen und war der Schirmherr des Stiftes. Eine Stellung wie
ein Reichsfürst nahm auf Grund der Goldenen
Bulle von Rimini von 1226 in Preußen nur der Orden ein,
nicht die einzelnen Bischöfe, vor allem war er in der äußeren Politik allein maßgebend.
In seiner Blütezeit hat
der Orden, von vorübergehenden Spannungen abgesehen, seinen Einfluss
auch im Ermland, besonders bei der Bischofswahl, zu wahren verstanden. Von Selbständigkeit
des Ermlandes kann man vor 1464 nicht sprechen. Die Bezeichnung "Fürstbistum" dürfte
erst seit 1800 aufgekommen sein.
Die Besiedlung mit deutschen Kolonisten begann
schon Mitte des 13. Jh. Die beiden Haffstädte des Ermlandes wurden von Lübeck aus
gegründet und behielten das sonst nur in Elbing und Memel geltende lübische Recht. Auch die
ländlichen Siedler des nördlichen Teils des Ermlandes waren niedersächsischer Herkunft
und haben die niederdeutsche Mundart bis zuletzt bewahrt, die Bauform der Häuser
zum Teil noch bis ins 20. Jh. Ebenso haben im mittleren Teile die schlesischen Bauern
ihre heimatliche Sprechweise beibehalten. Der Süden wurde erst 1336-1342 auf Einwirkung
des Ordens unter dem Bischofsvogt Heinrich v. Lutter, einem Ordensritter, aufgesiedelt.
Die deutschen Kolonisten waren damals schon Nachkommen der ersten Einwanderer. Das
preußische Element blieb weitgehend erhalten; die Preußisch Freien des Ermlandes
haben ihre Rechte dem Territorialherrn gegenüber nachdrücklich gewahrt. Dem aufständischen
Preußischen Bund hat sich
1454 nur das Domkapitel
für kurze Zeit angeschlossen, Bischof Franz Kuhschmalz blieb dem Orden treu und
wählte lieber das Exil. Dem 1461 neu eingesetzten Bischof Paul v. Logendorf (Lehndorf)
kam es vor allem darauf an, seine Städte und Schlösser aus den Händen der beiderseitigen
Söldnerführer zurückzugewinnen. So schloss er 1461 einen Neutralitätsvertrag mit
dem bedrängten Hochmeister, ein Zeichen für seine faktische Unabhängigkeit vom Orden. Aber die
1464 vom König von Polen anerkannte Selbständigkeit wurde durch den Zweiten Thomer Frieden
von 1466 schon wieder eingeschränkt infolge einer rechtsförmlichen Abtretung
der oberherrlichen Rechte vom Hochmeister an den König. Als dieser 1467, nach dem
Tode Logendorfs, die freie Bischofswahl des Domkapitels, die er mit anderen Privilegien
zu schützen versprochen hatte, durch Nomination eines Polen zu verletzen versuchte,
kam es 1478 zum offenen Kriege, dem Ermländischen Bischofsstreit oder Pfaffenkrieg,
in dem der rechtmäßig gewählte und vom Papst bestätigte Bischof Nikolaus v. Tüngen
und der Hochmeister
Martin Truchseß v. Wetzhausen im Bunde mit König Mathias Corvinus von Ungam
gegen Polen zusammenstanden. Der Petrikauer Vertrag von 1479 jedoch brachte Bistum
und Territorium in das gleiche Abhängigkeitsverhältnis wie den restlichen Ordensstaat:
Jeder neue Bischof war verpflichtet, dem König von Polen einen persönlichen Treueid
zu leisten, der aber keine Lehnshuldigung bedeutete. Bischof Lukas Watzenrode, der
Oheim des Coppernicus, wurde wegen der Diözesangrenzen
ein Gegner des Ordens,
strebte aber die Wiedervereinigung Preußens an. Hochgebildete Humanisten und deutscher
Abstammung waren auch noch die nächsten Nachfolger, vor allem der als Gelehrter
und Diplomat gleichermaßen bedeutende Johannes Dantiscus (Flachsbinder) und der
vornehmlich durch seine Reform- und Unionsbestrebungen bekannte Kardinal Stanislaus
Hosius (Hose), später wurden vorwiegend Polen ernannt. Die Bischöfe führten bis
1569 den Vorsitz im autonomen westpreußischen Landtag. Die Bevölkerung blieb rein
deutsch. 1772 kam
das Gebiet an Preußen zurück. Bis
nach dem ersten Weltkrieg blieb Ermland das katholische Bistum für Ostpreußen. 1945
wurde Bischof M. Kaller mit dem größten Teil seiner Geistlichkeit vertrieben; die
oberste Verwaltung des im polnischen Bereich gebliebenen Teiles liegt heute in den
Händen eines polnischen Generalvikars und Weihbischofs mit dem Sitz in
Allenstein.
Quellen:
Melodie: "Das Ermland-Lied;
Karte: Veröffentlichungen des VFFOW
1953-2000,
Sonderschrift 100, Hamburg, 2000, Seite 8;
Text: Handbuch der historischen Stätten Ost- und Westpreußen,
Kröner Verlag, 1966-1981, Seite 51-53;
Bild: Ostpreußen in schönen Bildern, Verlag Der Eiserne Hammer,
Königstein im Taunus und Leipzig, (undatiert, vor 1945), Seite 11
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