Feindselige
Einwände
Im Streit um das Vertriebenenzentrums kämpft die
SPD Hand in Hand mit Polen
von Doris
Neujahr
Ohne Erika Steinbach, die Präsidentin
des Bundes der Vertriebenen (BdV), würde es kein Zentrum gegen Vertreibungen in
Berlin geben. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß der BdV sie als seine Vertreterin
für den Stiftungsrat nominiert hat.
Für Steinbach sprechen ihre Kompetenz,
die politische Erfahrung, Durchsetzungsfähigkeit, Vernetzung, ihr diplomatisches
Geschick.
Es sind diese Eigenschaften, an denen sich die Gegner des Zentrums stoßen.
Der Deutschland-Beauftragte der
polnischen Regierung, Wladyslaw Bartoszewski, giftete
sogleich, mit Steinbachs Nominierung verhalte es sich so, „als ob der Vatikan den
Holocaust-Leugner Bischof Williamson zum Bevollmächtigen für die Beziehungen zu
Israel ernannt hätte“.
Thierse fordert Steinbach
zum Verzicht auf
Bartoszewski ist als Temperamentbündel
bekannt, aus seiner Frechheit sollte man keine Staatsaffäre machen. Eine knappe,
scharfe Zurückweisung hätte genügt. Doch in Deutschland ticken die Uhren nicht normal.
SPD-Mann Wolfgang Thierse griff die Beleidigung in der ihm eigenen Beflissenheit
auf, forderte den Verzicht Steinbachs und fügte in einem Rundfunk-Interview hinzu:
„Ich habe eine weitere Frage an
Frau Steinbach: Was ist ihr wichtiger, die Verwirklichung einer angemessenen Erinnerungsstätte
an die Leiden der Vertriebenen oder ihr Platz in dem dazugehörigen Gremium?“
Weil Freund und Feind wissen, daß
Steinbach die „angemessene Erinnerungsstätte“ am ehesten garantiert, ist diese Frage
entweder dumm oder hinterhältig, auf jeden Fall von persönlicher Abneigung diktiert
und eines Bundestagsvizepräsidenten unwürdig.
Politiker von SPD und Grünen
schaden Deutschlands Ansehen
Indem Thierse die Ausfälle Bartoszewskis als ernsthaftes politisches Argument behandelt,
fordert er zu weiteren antideutschen Ausfällen geradezu heraus. Gleiches gilt für
die anderen üblichen Verdächtigen: für den SPD-Politiker Markus Meckel, die Grünen-Chefin
Claudia Roth und ihren Parteifreund Volker Beck. Sie alle ziehen Schaden auf dieses
Land.
Hundertprozentige Solidarisierung
mit polnischen Interessen
Noch schwerer wiegt, daß die Politikwissenschaftlerin
Gesine Schwan, die für die Bundesregierung die deutsch-polnischen Beziehungen koordiniert
und Bundespräsidentin werden möchte, Bartoszewki mit der Zusicherung zur Seite sprang,
die Ernennung Steinbachs würde ohnehin am SPD-Veto scheitern.
Schwan war von Anfang an eine entschiedene
Gegnerin des Zentrums. Seit Jahren legt sie in Interviews dar, daß die polnische
Seite eine Diskussion darüber fürchte, „ob der Nationalsozialismus die Ursache der
Vertreibung war oder nur ein Anlaß für unsere östlichen Nachbarn, die ohnehin gewünschte
Vertreibung durchzuführen“.
Schwan solidarisiert sich hundertprozentig
mit den Interessen Polens, wenn sie behauptet, es müsse „klar sein, daß kein Geschichtsrevisionismus
Einzug hält. Der Nationalsozialismus war Ursache für die Vertreibung, nicht ein
willkommener Anlaß“.
Schwans Basta-Tonfall verrät
Unsicherheit
Ihr Basta-Tonfall verrät Unsicherheit. Die Meckels, Roths, Schwans und Thierses
fürchten oder ahnen wenigstens, daß ein Vertriebenenzentrum unterdrückte Fragen
nach den geschichtlichen Abläufen neu aufwerfen wird.
Zum Beispiel die Frage nach der
Drangsalierung der deutschen
Minderheit im Zwischenkriegs-Polen, aus der ab März 1939, nachdem man sich britischer
und amerikanischer Rückendeckung sicher glaubte, Terror wurde.
Oder die Frage, warum der polnische
Botschafter in Berlin, Jozef Lipski, dem britischen Botschaftssekretär George Ogilvie-Forbes
noch am 31. August 1939 erzählte, er habe keinerlei Anlaß, „sich für Noten oder
Angebote von deutscher Seite zu interessieren“, weil er davon überzeugt sei, daß
im Kriegsfall „die polnischen Truppen erfolgreich gegen Berlin marschieren“ würden.
Ziel der Tschechen war die
Slawisierung der Deutschböhmen
Ähnlich in Böhmen, wo das demographische Ungleichgewicht sich zum dramatischen Politikum
entwickelte. Der deutsche Bevölkerungsanteil in Prag lag 1847 bei 64 Prozent, 1857
bei 44 Prozent. 1880 betrug er noch 18, der tschechische bereits 82 Prozent.
1900 lautete das Verhältnis 7,5
zu 92,3 Prozent, und 1910 gab es keinen deutschen Gemeinderat mehr. Die deutsche
Botschaft in Wien berichtete 1909 nach Berlin, daß das Ziel der Tschechen ein eigener
Staat sei, in dem die Deutschböhmen formal gleichberechtigt seien, „in der Praxis
aber slawisiert oder zurückgedrängt werden“.
1945 wurden die letzten Deutschen
aus Prag vertrieben. Der Nationalsozialismus war in dieser Entwicklung nur noch
ein retardierendes Moment.
Mehr als nur Geschichtsdummheit
und NS-Fixierung
Es sind nicht nur Geschichtsdummheit und NS-Fixierung, die deutsche Politiker dazu
bringen, die auswärtigen Injurien gegen Steinbach zu übernehmen.
Darin setzt sich ein älteres politisches
Verständnis fort, das Max Weber 1919 als „vollendete Erbärmlichkeit“ charakterisiert
hatte. Am 17. Januar schrieb Weber in der Frankfurter Zeitung über die
aktuellen Wortführer in Deutschland:
„Das Ohr der Welt gewannen allerhand
Literaten, die das Bedürfnis ihrer, durch die Furchtbarkeit des Krieges zerbrochenen
oder der Anlage nach ekstatischen Seele im Durchwühlen des Gefühls einer ‘Kriegsschuld’
befriedigten. Eine solche Niederlage mußte ja die Folge einer Schuld sein, – dann
nur entsprach sie jener ‘Weltordnung’, welche alle solche schwachen, dem Antlitz
der Wirklichkeit nicht gewachsenen Naturen allein ertragen.“
Hannah Arendt für Arme
Webers Sätze beschreiben glänzend die Mentalität auch der aktuellen Funktionseliten,
die bedenkenlos die Vertreibung von 16 Millionen inklusive des Todes zwei Millionen
Deutscher zum Bestandteil einer moralischen und gerechten Weltordnung erklären.
Die Beständigkeit dieser Mentalität
wird garantiert durch die Art der Staatsgründung 1949, durch die Bildungs-, Hochschul-
und Geschichtspolitik sowie die Rekrutierung und Konditionierung des politischen
Personals im Laufe der Jahrzehnte.
Da Frau Professor Schwan keine Distanz dazu aufbauen kann, bleibt ihre „Vernunft“,
auf die sie sich so oft beruft, affirmierend und instrumentell, und statt der großen
politischen Denkerin, zu der Journalisten sie emporjubeln, ist sie bloß eine Hannah
Arendt für Arme. Für Erika Steinbach jedenfalls gibt es keinerlei Grund, sich den
feindseligen Einwänden solcher schwachen Naturen zu beugen.
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