Manchmal müssen Politiker Machtworte sprechen, meistens jedoch besteht ihr Geschäft
darin, Konflikte geduldig zu bearbeiten, um im richtigen Moment Lösungen anzubieten,
die gerade noch undenkbar schienen. Kulturstaatsminister Bernd Neumann ist das mit
dem "Sichtbaren Zeichen gegen Flucht und Vertreibung" gelungen, dessen Konzept gestern
das Bundeskabinett passierte. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Union war die
Errichtung eines solchen Ausstellungszentrums vereinbart worden, doch verbanden
die Partner noch durchaus unterschiedliche Vorstellungen damit. Manchen Sozialdemokraten
ging es überhaupt gegen den Strich. Sie wollten alles vermeiden, was die östlichen
Nachbarn Deutschlands provozieren könnte und favorisierten ein "europäisches Netzwerk"
gegenüber einem nationalen Gedenkort. Vertriebenenpräsidentin Steinbach propagierte
"Zentrum gegen Vertreibungen".
Neumann suchte nach der größten möglichen Schnittmenge
zwischen diesen Positionen und außerdem nach einem Maximum an wissenschaftlicher
Objektivität und Ausstellungs-Professionalität. So wurde die hoch gelobte Bonner
Ausstellung "Flucht, Vertreibung, Integration" zum konzeptionellen Kern des "Zeichens",
der um Elemente der Konkurrierenden Pläne erweitert werden kann. Mit dem "Deutschlandhaus"
wurde ein Ort gefunden, der selbst mit der Geschichte der Vertriebenen verbunden
ist. Der Regierungswechsel in Polen schließlich eröffnete Neumann die Möglichkeit,
in Warschau Missverständnisse und Vorbehalte auszuräumen, wodurch dort aus wütender
Ablehnung wohlwollende Neutralität wurde. Mehr Konsens nach innen und nach außen
ist bei einem Thema, an dem sich die Zerklüftung der europäischen Erinnerung zeigt,
kaum zu erreichen. Sollte Steinbach als Vertreterin der Vertriebenen in das Aufsichtsgremium
einziehen, wird es noch ein Rauschen im Blätterwald geben. Mehr aber auch nicht.
Der Wille zur Deeskalation ist auf allen Seiten stark.
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