Fürs Gedenken an die Vertreibung fehlt noch der Platz
Im Deutschlandhaus soll die neue Erinnerungsstätte eingerichtet werden – dabei ist
das Haus gut belegt von Christian van Lessen
BERLIN
- Gibt’s genug Platz im Deutschlandhaus für die Erinnerungsstätte „Sichtbares
Zeichen“ zu Flucht und Vertreibung, für die Dauerausstellung? Der Pförtner hat Zweifel.
Das Haus sei voll, sagt er, im Europahaus nebenan, dem Sitz des Bundesministeriums
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wäre noch Platz.
Der Bund will aber umbauen, 2000 Quadratmeter Platz finden. Wird wohl irgendwer
ausziehen müssen. Noch ist im Deutschlandhaus an der Stresemannstraße 90 in Kreuzberg
eine gemischte Gemeinschaft beisammen: Der Landesverband des Bundes der Vertriebenen,
der Deutsche Entwicklungsdienst, die Bundeszentrale für politische Bildung, das
Institut für Städtebau, das Bündnis für Demokratie und Toleranz, gegen Extremismus
und Gewalt. Die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Ein Medien- und
Kommunikationszentrum, eine Kneipe und ein Café. Im Foyer des Bürohauses werben
auf einer Litfasssäule die Oberschlesische Volkstrachtengruppe, der Pommernball
2008, das Deutschlandtreffen der Ostpreußen, die Migrationsberatung beim Landesverband
der Vertriebenen. „Haus der ostdeutschen Heimat“ hieß das Haus von Kriegsende bis
1974. Seine Geschichte begann Mitte der zwanziger Jahre. Entworfen wurde es von
Richard Bielenberg und Josef Moser, fertig war es 1931, wie das benachbarte Europa-Hochhaus.
Das spätere Deutschlandhaus beherbergte das Kino Europa-Palast, das Café Mokka-Express
(heute Café Stresemann). Der Gebäudekomplex fand noch Platz für ein Münchener Hofbräuhaus,
ein Café Europa und einen Europa-Tanzpavillon, deren Reste in den sechziger Jahren
abgerissen wurden. Im elften Stock des Hochhauses gab es Berlins höchsten Dachgarten.
Ursprünglich sollte ein Hotel einziehen, dann aber richtete sich die Allianz-Versicherung
ein und schmückte das Haus mit einer großen Leuchtreklame.
An der Pförtnerloge hängen Fotos, die zeigen, wie kriegszerstört der Gebäudekomplex
war. Er wurde instandgesetzt, nach dem Krieg zog das Fernmeldeamt 3 ins Hochhaus
ein, Jahrzehnte später unter andern die Wasser- und Schifffahrtsdirektion. Im Rahmen
der geförderten Klassenfahrten aus dem Bundesgebiet informierten sich im Deutschlandhaus
Schüler über die politische Lage oder sahen die Ausstellung „Große Ostdeutsche in
Berlin“. Landsmannschaften der Vertriebenen gaben Büros auf, als 1999 die Bundesförderung
eingestellt wurde.
Das Europahaus und das Deutschlandhaus stehen unter Denkmalschutz und gehören dem
Bund. Die Gebäude liegen unmittelbar neben dem Gelände der Topografie des Terrors,
der einstigen Gestapo-Zentrale. Es wurde getanzt und wenige Meter entfernt gefoltert.
Das Foyer dürfte bald den Weg zu der neuen Erinnerungsstätte für die Vertreibung
weisen. Der passende Ort ist nach Ansicht der Bundesregierung gefunden. Aber ob
sein Platz passt, muss sich erst noch zeigen.
Diese Netzseite ist optimiert für
800x600 / 1024x768 oder höher und 24 Bit Farbtiefe sowie MS-Internet Explorer 11.x
oder höher.
Netscape ab 7.x oder andere Browser mit Einschränkungen verwendbar. - Soundkarte
für Tonwiedergabe erforderlich.