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Zentrum gegen Vertreibungen Ein für die deutschen Heimatvertriebenen peinigender Streit geht in die nächste Runde. Seit Jahren hoffen die Überlebenden und Nachfahren der größten Vertreibungsaktion der Neuzeit auf eine würdige öffentliche Gedenkstätte, mit der an das Leid der 15 Millionen Ostdeutschen erinnert wird, die am Ende des Zweiten Weltkrieges und danach ihre jahrhundertealte Heimat verlassen mußten – zwei Millionen kamen dabei um. In der dichten Denkmalslandschaft der deutschen Hauptstadt hat man hierfür seitens des Staates noch immer keinen angemessenen Platz gefunden – eine Schande. Der Bund der Vertriebenen (BdV) hat vor mittlerweile acht Jahren den Vorstoß unternommen und die Errichtung eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin vorgeschlagen. Zähe Verhandlungen über viele Etappen führten zu einer ständigen Erweiterung, Aufweichung und Europäisierung des Konzeptes. Kritiker schlugen vor, es nach Breslau zu verbannen oder die Gestaltung am liebsten den Vertreiberstaaten selbst zu überlassen – eine Farce. Doch verfocht die BdV-Chefin Erika Steinbach, die von nationalpolnischen Medien zum Feindbild Nummer eins stilisiert wurde und wird, weiter ihre Grundidee: Der Staat soll sich in die Pflicht dieses Erinnerungsortes stellen. Die Auseinandersetzung um das vom BdV geforderte Zentrum gegen Vertreibungen ist ein Musterbeispiel dafür, wie Kampf um Öffentlichkeit und Durchsetzung von Interessen in einer Demokratie, speziell der deutschen, funktionieren. Der BdV hätte längst das von ihm gewünschte Zentrum mit Hilfe von privaten Förderern umsetzen können. Er hätte sich dann auch von niemandem hereinreden lassen müssen. Statt dessen wollte die Schöpferin der Zentrumsidee, Erika Steinbach, auf Biegen oder Brechen den Staat als Träger mit im Boot haben. Warum? Weil es natürlich eine andere Qualität hat, ob eine geschichtspolitische Position von nationaler Bedeutung mit der Autorität des Staates vertreten und mitgetragen wird, dieser für die Verteidigung dieser Position auch in der Pflicht ist, oder ob lediglich von interessierter privater Seite eine Position vertreten wird, die man respektieren oder auch ignorieren kann. Noch bevor der Grundstein zum Zentrum gelegt worden ist, gelang den Initiatoren damit eines: Sie haben der Öffentlichkeit die Diskussion über das Thema Vertreibung aufgezwungen. Die Debatte um die geeignete Form des Erinnerns wurde damit bereits zum zentralen Teil der Erinnerung selbst. Dennoch steht wohl fest, daß vom ursprünglichen Konzept nur noch ein kümmerlicher Torso übrigbleiben wird, und fraglich ist, wer „Sieger“ in diesem Diskurs ist. Die SPD-Politiker Wolfgang Thierse und Markus Meckel, unverhohlene Lobbyisten polnischer Interessen in dieser Debatte, fordern, daß Steinbach vom BdV nicht in den Beirat der Stiftung entsandt werden dürfe, die unter dem Dach des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin jetzt das „sichtbare Zeichen“ tragen solle. Das wäre der Schlußpunkt in einem politischen Trauerspiel. Womit zugleich gezeigt wäre, daß wir von einem souveränen Bekenntnis zur eigenen Geschichte noch meilenweit entfernt sind.
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