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»Geben Sie Königsberg seinen Namen« Niebusch, Kusse, Tulle, Unwillpiche / Plimball, Schuggere, Wanagruppchen, / Kickwede, Dede, Karzamupchen / Michel, Mauschel, Dargen, Zwier / sie sind unserer Heimat Zier“ – viele im Saale sprechen den Kinderreim leise mit. Ostpreußen ist unvergessen. Was man als Kind gelernt hat, vergißt man nicht, die ostpreußischen Dorfnamen leben weiter. Die Rede des Sprechers der Landsmannschaft Ostpreußen geht ihrem Ende zu, und gleich werden 6.000 Landsleute Wilhelm v. Gottberg mit heftigem Beifall für seine entschlossenen Worte danken. Viel mehr Menschen hätten nicht in die Halle 25 auf der Berliner Messe gepaßt, dem Zentrum des 19. Deutschlandtreffens der Ostdeutschen mit seinen 15.000 Besuchern an Pfingstsonnabend und Pfingstsonntag. Zuvor hatte v. Gottberg an den neuen russischen Präsidenten Medwedjew und Ministerpräsident Putin appelliert, sich dafür einzusetzen, daß Königsberg seinen alten Namen zurückerhält. Außerdem sollte die Stadt am Pregel als Sitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine angemessene Aufgabe übernehmen. Der Blick zuvor über die Jahrhunderte preußischer und ostpreußischer Geschichte hatte die historischen Höhepunkte berührt, wissenschaftliche und kulturelle Glanzleistungen ins Licht gerückt. Und als Mahnung aus der Geschichte eine politische Großtat des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I.: Er hatte für die aus Salzburg nach Preußen geflüchteten Menschen die Entschädigung ihres Eigentums erstritten. Und heute? Sprecher v. Gottberg beklagte die devote Haltung der Bundesregierung und hielt fest, daß die Frage der Entschädigungen auf dem Tisch bleibt. Begonnen hatte die Großkundgebung zum Deutschlandtreffen nach der Totenehrung und dem Einzug der Fahnenstaffel mit einer bestens gelaunten Christa Stewens. Die bayerische Staatsministerin bekannte, sie habe nur einen Moment gezögert, die Festrede für dieses Ostpreußentreffen zu übernehmen – eine „Frau mit sechs Kindern und 19 Enkelkindern hätte an diesem Tag vielleicht auch etwas anderes vorhaben können“. Natürlich, denn der Muttertag fiel dieses Jahr auf Pfingsten. Pflicht bleibt Pflicht, schließlich ist Bayern seit jetzt genau 30 Jahren Patenland – und weil sich der Freistaat weiterhin zu Ostpreußen bekennt: „Die Kulturgeschichte aller Deutschen ist die Klammer unserer Nation“, meinte Christa Stewens. Und nicht nur, weil Muttertag war: Die Staatsministerin würdigte die besondere Leistung aller Frauen, die über die Leiden und Strapazen von Flucht und Vertreibung hinweg bei der oft schwierigen Eingliederung die Familien zusammengehalten hatten. Alle Gedankengänge auf diesem Ostpreußen-Treffen laufen auf die Frage zu, wie man in der Welt ein Zeichen setzen kann, daß Vertreibungen oder ethnische Säuberungen nicht mehr hingenommen werden. Und wie ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ zu einer Stätte der Trauer und Erinnerung aufgebaut werden soll, im dem „gesagt werden darf, was wahr ist“ (Christa Stewens). Ganz im Einklang mit den Zuhörern rief die Staatsministerin aus, daß „die nationale Erinnerungskultur nicht von der Kooperationsbereitschaft der Nachbarn abhängig gemacht werden kann“. Und: Allein der Umstand, daß in den Nachbarländern noch verschiedene Deutungen zur jüngsten Geschichte existierten, zeige, wie wichtig ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ sei.
Für dieses „Zentrum gegen Vertreibungen“ lohnt es sich zu streiten. Auf der sehr gut besuchten Podiumsdiskussion am Pfingstsamstag hatten Wilhelm v. Gottberg, Oliver Dix aus dem BdV-Präsidium, Siegfried Pelz, langjähriger Kreisvertreter für Heiligenbeil, und Hans-Günther Parplies, langjähriges BdV-Vorstandsmitglied, der BdV-Präsidentin Erika Steinbach allen Respekt gezollt, wie sie unermüdlich acht Jahre hindurch das Vorhaben betrieben hatte. Bis schließlich die Bundesregierung im März 2008 zu ihrem Wort stand und die Errichtung eines „Sichtbaren Zeichens“ beschloß. Einigkeit herrschte auch in der Runde, daß man sich auch weiterhin energisch gegen die Störversuche der linken Widersacher Wolfgang Thierse, Markus Meckel oder Gesine Schwan wehren muß, damit das „Sichtbare Zeichen“ auch zu einem würdevollen Zentrum gegen Vertreibungen aufgebaut wird. Gestritten werden kann um die Rolle, die der Staat bei dieser Gedenkstätte übernehmen soll. Auf der einen Seite Siegfried Pelz – für ihn soll das „Zentrum gegen Vertreibungen“ kein Dokumentationszentrum werden, sondern allein eine Gedenkstätte für die Opfer von Flucht und Vertreibung, „und da lassen wir uns vom Staat nicht hineinreden“. Hans-Günther Parplies auf der anderen Seite: Es könne gar nicht genug Gedenkstätten im Land geben, zum Gedenken an die Opfer. Aber es sei Aufgabe des Staates, das „Zentrum gegen Vertreibungen“ als das Gedächtnis der Nation aufzubauen, denn sonst drohe, daß wir „die Erinnerung an die Vergangenheit verlieren“. Die nächste Generation müsse das Schicksal der Nation begreifen können. Die damals veranschlagten Kosten, heute in Euro 80 Millionen, müsse der Staat mittragen. Und das Zentrum solle auch durch einen Konsens der großen Parteien gesichert werden, damit die Entscheidung für das „Sichtbare Zeichen“ nicht bei einem Regierungswechsel umgestoßen werden könne. Wilhelm v. Gottberg forderte zur Wachsamkeit auf, wie das „Zentrum gegen Vertreibungen“ inhaltlich gestaltet werde. Die ersten Überlegungen zum historischen Kontext seien beunruhigend, denn: „Was haben die in aller Welt bekannten Schandtaten der Nazis mit einer Gedenkstätte gegen Vertreibung zu tun?“ Natürlich müsse BdV-Präsidentin Erika Steinbach in den Gremien des Zentrum mitwirken, darüber hinaus müßten aber auch die Landsmannschaften berücksichtigt werden. Auch Oliver Dix setzt sich dafür ein, daß neben Erika Steinbach eine angemessene Anzahl von weiteren Repräsentanten der Vertriebenen in die Entscheidungen eingebunden wird. Denn die deutschen Opfer von Flucht und Vertreibung hätten ein Anrecht auf eine würdevolle Darstellung der eigenen Geschichte, die „alle Zusammenhänge seit dem 19. Jahrhundert“ umfassen müsse. |