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Berichte vom
Deutschlandtreffen der Ostpreußen
− Ostpreußen bleibt −
Messe Berlin - 10. und 11. Mai 2008
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Caroline v. Keudell:
Vom Wissen um die Herkunft geprägt
Ich bedanke mich herzlich bei dem Ehepaar Dr.
Herbert und Margot Gierschke und bei dem Bundesvorstand der Landsmannschaft
Ostpreußen für die Auszeichnung mit dem Stiftungspreis der
Gierschke-Dornburg-Stiftung.
Durch meinen familiären Hintergrund – meine beiden Eltern stammen aus den
Ostgebieten – bin ich früh mit der Thematik und der Geschichte des Deutschen
Ostens in Berührung gekommen. Die Vergangenheit meiner Familie und das Wissen um
ihre Herkunft haben mich geprägt. Durch mein Volontariat bei dem
Ostpreußenblatt, der heutigen Preußischen Allgemeinen Zeitung, setzte ich mich
mit diesem Themengebiet für zwei Jahre auch beruflich auseinander. Als ich im
Anschluß an diese Zeit mein Studium der Germanistik, Französistik und
Kunstgeschichte begann, ahnte ich noch nicht, daß mich die wohlvertraute
Thematik auch hier wieder einholen würde. Bei meinem Auslandssemester in Paris
dachte ich zunächst wirklich nicht an Ostpreußen. Und eigentlich wollte ich die
Gelegenheit des Auslandsaufenthaltes auch dazu nutzen, einmal alles Vorherige
hinter mir zu lassen. Irgendwann merkte ich jedoch, daß ich auf meinem Weg zur
Universität jeden Tag die „Avenue de Friedland“ und die „Rue de Tilsit“
passieren mußte. So kam ich zu der Erkenntnis, daß es wohl Themen gibt, die
lebensbegleitend sind ...Letztlich kam es zu dem für mich glücklichen Umstand,
daß ich mein weiteres Studium in Leipzig absolvierte. Das dortige
Germanistikinstitut konzentriert sich – als einziges in Deutschland – mit einem
Forschungsschwerpunkt auf ostmitteleuropäische Literaturen. Bei meiner Suche
nach einem Magisterarbeitsthema wanderten die Gedanken, aufgrund des speziellen
germanistischen Angebotes in Leipzig, also wieder gen Osten. Dabei stieß ich auf
die baltische Schriftstellerin Gertrud von den Brincken, und ich begann, mich
mit ihrem Werk auseinanderzusetzen. Für das Baltikum – speziell Estland – wurde
mein Interesse früh geweckt, da meine Großmutter aus der Nähe von Reval stammte.
Diese Region war mir sowohl aus Erzählungen und Berichten als auch aus der
Literatur bereits recht vertraut und übte auf mich einen ganz besonderen Reiz
aus. Gertrud von den Brincken – diesen Namen kannte ich aus meinem Elternhaus.
Und so begab ich mich auf eine Spurensuche.
In ihrer Lyrik begegnete ich einer Dichterin, die
glaubend, zweifelnd, ringend und suchend letzte Fragen nach dem menschlichen
Sein und Schicksal stellte. Die Autorin, zutiefst geprägt von ihrer baltischen
Heimat Kurland, hat dieser in ihren Werken, sowohl in ihrer Prosa als auch in
ihrer Lyrik, eine Stimme gegeben. In Literaturgeschichten wird sie mit Agnes
Miegel verglichen und mit Siegfried von Vegesack und Werner Bergengruen in eine
Reihe gestellt. Daß ich mich mit meiner Magisterarbeit mit Gertrud von den
Brincken so intensiv auseinandersetzen konnte, war für mich von großem Gewinn.
Es macht die Qualität dieser Autorin aus, daß sie nicht allein auf den Kontext
ihrer Zeit beschränkt blieb. Aus diesem schöpfend, zugleich aber auch weit über
ihn hinausgehend, fand sie zu zeitlosen Aussagen von allgemeingültigem Wert.
Dies gelang ihr vor allem in ihrer Lyrik. Als ein kleines Beispiel möchte ich
Ihnen zwei Gedichtstrophen der Autorin vortragen. In dem Ernst und der Tiefe
dieser gleich erklingenden Worte liegt eine universale Bedeutung, die wohl jeder
hier Anwesende ganz besonders nachempfinden kann; gleichzeitig aber auch ein
jeder, der sich schon einmal mit der Bedeutung von Heimat auseinandergesetzt
hat. Hier nun die letzten beiden Strophen des Gedichtes „Heimat“ von Gertrud von
den Brincken: Meine Heimat könnt ihr nicht entreißen, denn sie wuchs so ganz in
mich hinein, sang und segnete in ihrer weißen Winterschwermut meine Seele ein.
Heimat ist nicht Hülle und Gewandung, die man wechselt, die ein Wind zerstört,
Heimat ist ein Schicksal, Grund und Landung, was uns tiefst und ohne Tod gehört.
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