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Preußische Tugenden noch gefragt
WDR mit "mittwochs live" im Preußen-Museum zu Gast /
Gespräch über Tugenden "damals und heute"
Von Christine Lohmeier
Minden
(cl). Fleiß, Ordnung, Disziplin ... Bei der Sendung "mittwochs live", die der
Westdeutsche Rundfunk zum ersten Mal aus dem Mindener Preußenmuseum ausstrahlte,
befragte Moderator Bernd Müller seine Studiogäste über den heutigen
Stellenwert
der preußischen Tugenden. Einigkeit herrschte unter den Gesprächspartnern, daß
solche "Sekündärtugenden" in jedem Fall einen positiven Einfluß auf das
Zusammenleben in der Gesellschaft haben.
"Wir brauchen solche Tugenden heute", urteilte Professor Eberhard Simons,
Philosoph und Lebensökonom. Ein Umdenken sei aufgrund der wirtschaftlichen und
politischen Situation und des sozialen Lebens notwendig. Er betonte in seinem
Beitrag aber ebenfalls, daß die preußischen Tugenden nur "Sekundärtugenden"
seien und man die "Kardinaltugenden" wie Weisheit, Gerechtigkeit und
Zivilcourage in diesem Zusammenhang nicht vergessen dürfe.
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Hans-Peter Minetti (l.) und Wilfried Szubries (r.), hier im Interview mit
Moderator Bernd Müller, gaben vor dem Publikum im Preußen-Museum eine
Kostprobe ihres schauspielerischen Könnens. |
Positiver Einfluss auf das Volk
Dr. Veit Veltzke, Leiter der
Preußen-Museen in Minden und Wesel wies auf den historischen Hintergrund hin,
dem diese Tugenden entstammen. So habe
Friedrich-Wilhelm I. diese bei den
Niederländern beobachtet und sie aufgrund ihres positiven Einflusses auf den
Dienst- und Leistungsethos der Bevölkerung nach Preußen "importiert". "Die
Tugenden sicherten besonders den wirtschaftlichen Erfolg des Staates", erzählt
der Museumsdirektor.
Schüler und ein Lehrer des Ratsgymasiums stimmten darin überein, dass auf
Tugenden wieder stärker Wert gelegt werden sollte. Doch wer soll die Tugenden
Kindern und jugendlichen nahe bringen? Die Diskus-Werferin und Lehrerin Liesel
Westermann-Krieg:" Die Vermittlung dieser Verhaltensregeln und Tugenden liegt in
erster Linie bei den Eltern. Aber als Lehrer sollten wir uns natürlich ebenso
bemühen, ein Vorbild zu sein."
Auch die negative Seite der Tugenden wurde
aufgezeigt. So stellte der Moderator fest, daß Werte wie Disziplin und Ordnung
auch die Eigenschaften seien, die man brauchte, um ein Konzentrationslager zu
führen.
Schauspielerische
Einlage
Eingeladen waren ebenfalls
Professor Detlev Frehsee, Kriminologe an der Uni Bielefeld Oberst Gunnar Högger,
Kommandeur der Pionierbrigade 20, der Stadtdirektor Heinrich Sieling, Inge
Wolff, Mitglied des Bielefelder Arbeitskreises "Umgangsformen International",
Heinz Ossenkamp, Vorsitzender der Komba-Gewerkschaft sowie der Schauspieler und
Professor Hans-Peter Minetti, der als Friedrich-Darsteller zusammen mit Wilfried
Szubries auch eine kleine Kostprobe seines Könnens gab.
Leicht gestört wurde die Sendung durch eine
Kundgebung. Eine Gruppe von Zuschauern nutzte die Gelegenheit, um gegen den
Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Kosovo-Krieg zu demonstrieren.
"Mittwochs live" hatte sich die bevorstehende Eröffnung des Museums am 14. Juni
zum Anlass genommen, von dort zu senden.
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