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Sein Tod gibt Rätsel auf: Trauerfeier
für den umgebrachten Dieter Przewdzing |
Politische Motive vermutet
Umgebrachter Bürgermeister wollte mehr Autonomie für Oberschlesien
Fest steht: Dieter Przewdzing wurde brutal
getötet. Die Motive für die gewaltsame Tötung des Bürgermeisters der zwischen
Gleiwitz und Oppeln gelegenen Kleinstadt Deschowitz [Zdzieszowice], über die wir
in der Nummer 9 berichteten, bleiben im Dunkeln. Der Politiker war als Kandidat
der Deutschen Minderheit gewählt worden.
Am 18. des vergangenen Monats, einem Dienstag,
traf sich Przewdzing nach 17 Uhr mit seiner Stellvertreterin. Gegen 18 Uhr
wollen ihn Nachbarn im Ortsteils Krempa [Krepna], seinem Wohnort, gesehen haben,
wie er Brennholz aus dem Wald holte. Um 18.38 Uhr rief er bei einem Bekannten
an, um ihn nach der Nummer eines Musikers zu fragen, der bei Przewdzings
anstehendem 70. Geburtstag auftreten sollte. Der Bekannte versprach, sich
zurückzumelden. Als er um 18.50 Uhr und 19.12 Uhr Przewdzing erreichen wollte,
nahm dieser den Handyanruf nicht mehr an. Nach 19 Uhr riefen bei Przewdzing
seine Mitarbeiterin an, auch sie hatten keinen Erfolg – ungewöhnlich bei dem
aufgeschlossenen Bürgermeister. Gegen 20 Uhr kam in Przewdzings Haus in Krempa
ein Bekannter aus Kattowitz vorbei und entdeckte Przewdzings leblosen Körper.
Als er mit – vergeblichen – Wiederbelebungsversuchen begann, soll der Körper
noch warm gewesen sein.
Die eingetroffenen Polizisten fanden Przewdzing
in einer Blutlache vor. Der Deutschstämmige hatte mehrere Schnittwunden am Leib.
Die unmittelbare Todesursache war Verbluten infolge durchgeschnittener Kehle,
was auf Mord hindeutet. Denn die bestialisch zugefügten Verletzungen zeugen
nicht von einem Raubüberfall, eher von einem Abschlachten nach Mafia-Art. Zwar
lebte Przewdzing auf seinem Gut etwas abseits und war stets für Besucher offen,
so dass gemeine kriminelle Motive trotz der Brutalität nicht auszuschließen sind
– angesichts der politischen Brisanz werden die Ermittlungen auf Antrag der
Deutschen Minderheit jedoch von der Generalstaatsanwaltschaft beaufsichtigt.
In den letzten Monaten wurde Przewdzing zum
Akteur einer heftigen Diskussion um mehr finanzielle Selbstständigkeit für die
Regionen. Auslöser der Debatte war ein Ausspruch Przewdzings, der Zentralismus
in Polen führe zu einer Verarmung der Gemeinden. In Polen, so auch andere
Stimmen aus Oberschlesien, werden die Regionen durch Warschau zusehends
gebeutelt. Dem bodenständigen Przewdzing gelang es nach der sogenannten Wende,
ausländische Investoren nach Deschowitz zu locken, so dass es eine Zeit lang zu
den Kommunen mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit gehörte. Zuletzt musste er
aber feststellen, dass immer mehr Firmen zwar in der Provinz tätig sind,
einschließlich des Nachteils möglicher Umweltschäden durch die Produktion, dass
sie ihren amtlichen Firmensitz aber in die Großstädte verlegen und dort auch
Steuern zahlen. Deshalb rief er zu mehr wirtschaftlicher Eigenständigkeit auf –
für seine Kommune und für sein Heimatland Oberschlesien. Die polnische
Öffentlichkeit verwechselte den Ruf nach Subsidiarität jedoch mit Separatismus.
Die Deutsche Minderheit sieht sich heute der
Konkurrenz der „Bewegung für die Autonomie Schlesiens“ (RAS) ausgesetzt. Auch
wenn Jerzy Gorzeliks RAS hauptsächlich im Kattowitzer Industrierevier aktiv ist,
während die Deutschen im ländlichen Oppelner Raum den Ton angeben, gibt es
Überschneidungen. Die RAS predigt eine eigenständige schlesische Nation und
wirkt nach außen hin unsolider, aber auch dynamischer – gerade bei jungen
Oberschlesiern kommt das gut an. Die Forderungen von Gorzelik gehen über eine
wirtschaftliche Autonomie weit hinaus. - Dušan Korený-Pöllich
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