Chance vertan: Papst Johannes Paul II.
ein Kommentar von
Wilhelm v. Gottberg
Ganz Europa nahm Anteil an der vierten
Heimatreise des polnischen Papstes Johannes Paul II. seit seiner Berufung zum
Oberhirten der katholischen Kirche. Der Besuch begann in alten Siedlungsgebieten
der Ostdeutschen zwischen Danzig und Bromberg.
Bei seinen Reisen in die polnische Heimat in den
Jahren 1979, 1983 und 1987 hatte sich der Papst noch aktiv an der Sicherung des
territorialen Zugewinns bis an die Oder für Polen mit eingebracht. Wir erinnern
uns an damalige Äußerungen von ihm, daß Schlesien schon immer polnisch gewesen
sei.
Diesmal galt der Besuch vorrangig der Seelsorge
seiner polnischen Landsleute. Dabei wäre ein Wort des Papstes in Danzig und
Bromberg in Erinnerung an die ehemaligen deutschen Bewohner angebracht gewesen.
Die Vertreibung geschah 1945 ff. unter aktiver Mitwirkung der polnischen
katholischen Kirche. Viele polnische katholische Geistliche haben dabei Schuld
auf sich geladen.
Zu Recht hat der Papst während seiner Reise an
die unter der NS-Gewaltherrschaft ermordeten polnischen Geistlichen erinnert.
Stellvertretend für sie wurden 108 Geistliche als Märtyrer des Glaubens
seliggesprochen. Warum nur vergaß das Oberhaupt der katholischen Kirche, seine
Landsleute daran zu erinnern, daß sie für die Ermordung der gesamten
evangelischen Pfarrerschaft Brombergs beim Bromberger Blutsonntag am 3.
September 1939 Verantwortung tragen?
Eine Wort des Gedenkens an die deutschen Opfer,
ein Wort des Bedauerns für die polnischen Untaten wäre ein Signal für die
Normalisierung im deutsch-polnischen Verhältnis gewesen. Von einer weltweit
anerkannten moralischen Autorität wie Papst Johannes Paul hätte man dieses
Signal erwarten dürfen. Die Gelegenheit blieb ungenutzt. Johannes Paul II.
bleibt nicht mehr viel Zeit.
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