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Die „gequälte“ Geschichte
von
Gerhard Lepa |
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Immer wieder versuchen einige
unentwegte Litauer nachzuweisen, daß das Prußenland ehemals litauisches Land
gewesen ist. Die einen ziehen die fiktiv angenommene Grenze Litauens an der
sogenannten Bezzenberger Linie, die seinerzeit von ihm als eine Dialektgrenze
festgestellt worden war, die anderen verlegen sie gleich an die Weichsel. Eine
entsprechende Landkarte hat der litauische Emigrant J. Andrius schon 1979 in den
USA herausgegeben. Im März 1990 wurde sie in Litauen nochmals aufgelegt.
Natürlich ist auf ihr, außer einigen Ortsnamen, kein wort über das Land als
Siedlungsgebiet der Prußen vermerkt. Auch von der einschlägigen litauischen
Forschung werden die Prußen oft übersehen. So hat Prof. Dr. Domas Kaunas, der
sich während seines bisherigen Forschungslebens hauptsächlich mit der Literatur
des sogenannten Preußisch-Litauens beschäftigte und mehrere Bücher darüber
geschrieben hat, kaum je ein Wort über die Prußen verloren. Neben vielen
prominenten Litauern behauptet auch Prof. Dr. Zigmas Zinkenvièius immer wieder
mit tiefer Überzeugung, daß die Nadrauer, Schalauer und Sudauer, von den
preußischen Herzögen und Königen nur aus politischen und vielerlei anderen
Gründen als Litauer bezeichnet, wirklich litauische Stämme gewesen seien.
Interessant nur, wie dieser von mir hochverehrte litauische
Sprachwissenschaftler es vergessen konnte, was sein kollege Kaziemiras Bûga
durch großartige Sprachvergleiche festgestellt hatte. Die litauischen Stämme
siedelten im 6. Jahrhundert noch auf dem Territorium des jetzigen Weißrußlands,
während die Prußen schon beinahe überall dort saßen, wo sie auf den späteren
Landkarten erscheinen. Sogar in jenem Gebiet, von den Litauern als „hinter der
Memel“ bezeichnet, das seit der Ordenszeit bis hin zu hitler immer ein
Streipunkt zwischen Deutschland und Litauen gewesen ist. Diese Landkarte
befindet sich in gesammelten Werken (Band III) von K. Bûga. Die zweite Landkarte
zeigt, daß die Litauer selbst zu Beginn des 13. Jahrhunderts, also schon in
geschichtlicher Zeit, ihre heutigen Siedlungsgebiete noch nicht endgültig
erreicht hatten. Nun könnte angenommen werden, der äußerst beschäftigte Z.
Zinkenvièius (er war auch Vorsitzender der dritten Konferenz um die Probleme des
Königsberger Gebietes, an die unsere Mitglieder Kairait, Dr. Brilla und ich im
Herbst 2001 in Vilnius teilgenommen haben) wäre bisher noch nicht dazu gekommen,
sich diese Landkarten mal anzuschauen. Doch ohne den geringsten Zweifel: Er hat
sie gesehen! Denn schließlich hat er selbst die gesammelten Werke Bûgas (bis
Band drei) 1958 – 1961, lang ist es her, in Vilnius herausgegeben.
Ähnlich „unbekannt“ geblieben
sind offensichtlich den meisten Litauern die Erinnerungen anderer äußerst
prominenter Litauer. Ernestas Galvanauskas, der sicher vielseitigste Politiker
Litauens zwischen den beiden Weltkriegen und Prof. Vincas Krëvë, der damalige
Leiter der Schützenvereinigung (eine Art Landwehr) Litauens schrieben als
seinerzeit Verantwortliche ihre Erinnerungen über die Besetzung des
Memelgebietes 1923. Prof. Dr. Brilla schilderte während der Konferenz in Vilnius
sehr plastisch die angst, die damals in Ostpreußen umging, daß Litauen nach der
Besetzung des Memelgebietes sogar bis Königsberg weiter „marschieren“ könnte.
Die diesbezüglichen litauischen Wünsche hatte Litauen nämlich bei den
Friedensverhandlungen in Versailles sehr deutlich angemeldet (Anm.1). Wie anders
wäre sonst das zu erklären, was Arthur Hermann in seinem Beitrag beanstandet. Im
letzten Satz schreibt er, daß die Litauer sich selbst mir dieser Lüge quälen.
Natürlich werden auch wir Prußen von dieser Art „Politik“ gequält. Obwohl mein
Geburtshaus im jetzigen Litauen steht und unsere große Familie dort viel
Bauernhöfe besaß, möchte ich nie wieder unter einer litauischen Regierung dort
wohnen wollen. Dess es ist wirklich eine beinahe unerträgliche Qual, von fast
allen Litauern hinsichtlich des Memelgebietes angelogen zu werden. Bei der
„Kleinlitauischen Enzyklopädie“, die A. Hermann erwähnt, habe ich wiederum, aus
Freude über die großartige dokumentation Preußisch-Litauens, diese Lüge einfach
„überlesen“ und bin sogar zu einer bescheidenen Mitarbeit daran bereit.
Die „Geschichtsfälscher“ sitzen
offensichtlich in den rechten politischen Kreisen Litauens. Denn im Gegensatz zu
der in den USA erschienenen „Enyklopädie der Litauer“ schrieb die in vilnius
herausgebrachte „Sowjetlitauische Enzyklopädie“ schon 1979 deutlich: „Im Namen
des am 22. 12. 1922 gegründeten Rettungskomitees für Kleinlitauen wurde ein
Aufstand der Memelländer inszeniert. Am 10. 1. überschritten litauische soldaten,
Angehörige der Schützenvereinigung und Einzelpersonen, die sich als
kleinlitauische Freiwillige bezeichneten, in ziviler Kleidung die Grenze zum
Memelgebiet“ (Band V, S. 549). Jonas Polovinskas, der führer des von Litauen
inszenierten „Aufstandes“ der Memelländer, hatte sich später in die USA
abgesetzt und lebte dort bis zu seinem tode 1964 unter dem Aliasnamen Budrys.
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Anmerkungen:
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Anmerkung 1):
Auszüge der Erinnerungen: Galvanauskas in „Baltija 1989“, vilnius, Seite 10 –
37; Krëvë in „vakarai, Klaipeda, 1991, Nr. 3 – 5)
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Weitere
Literatur zu diesem Thema in den „Annaberger Annalen“, Nr. 9
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Quelle:
Tolkemita Mitteilungen / waistsennei I/2002,
Informationsschrift für Prußen und Prußenfreunde |
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