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Er beendete das Sterben für
Napoleon So wie heute in Afghanistan beteiligten sich die Deutschen vor 197 Jahren in Russland auf Drängen ihres großen Verbündeten im Westen an einem Krieg, den sie nicht als den ihren betrachteten. Damals waren es als erstes die Preußen, die von diesem ungeliebten Auslandseinsatz erlöst wurden. Sie verdankten dies Ludwig Yorck von Wartenburg. Vor 250 Jahren wurde der Preuße in Potsdam geboren. Am 26. September 1759 kam Johann David Ludwig von Yorck als uneheliches Kind des preußischen Hauptmannes David Jonathan von Yorck und der Handwerkstochter Maria Sophia Pflug zur Welt. Seine Eltern heirateten erst 1763. Wie seinen Vater zog es auch ihn zu den Soldaten. Mit 13 Jahren trat er in ein preußisches Infanterieregiment ein, 1777 wurde er als Secondeleutnant Offizier. Doch so sehr Yorck als Vorgesetzter Unterordnung forderte, so schwer fiel es ihm, sich als Untergebener unterzuordnen. Das führte bereits 1780 zu einer Unterbrechung seiner Karriere. Er hatte einen Vorgesetzten, der unter dem Verdacht stand, sich im Bayerischen Erbfolgekrieg (1778/79) bereichert zu haben, seine Verachtung spüren lassen. Zur Strafe für diese Insubordination wurde Yorck mit einem Jahr Festungshaft auf der Zitadelle Friedrichsburg in Königsberg sowie der Entfernung aus der Armee bestraft. Fortan musste er sich als Söldner im Ausland verdingen, zumindest, so lange Friedrich der Große in Preußen regierte. Unter dessen Nachfolger Friedrich Wilhelm II. erhielt er dann 1787 eine zweite Chance. Als Offizier der preußischen Armee nahm er denn auch am Vierten Koalitionskrieg von 1806/1807 teil. Hier gehörte er zu den wenigen Militärs auf der Seite Preußens, die sich tapfer und erfolgreich schlugen und entsprechend hervorstachen. In Lübeck wurde er am 6. November 1806 im Straßenkampf verwundet und gefangengenommen. Nach der Freilassung im darauffolgenden Jahren dankte ihm sein König seinen Einsatz im Kampf gegen Napoleon mit diversen Gunstbezeugungen und Vertrauensbeweisen. Er wurde Mitglied der Generalität und erhielt den Orden „Pour le Mérite“. 1810 wurde er zum Generalinspekteur der leichten Truppen ernannt, im darauffolgenden Jahr zum Generalgouverneur zuerst West- und dann auch Ostpreußens. An Frankreichs Überfall auf Russland nahm Yorck als stellvertretender Oberbefehlshaber des preußischen Hilfskontingentes teil, das zum linken (nördlichen) Flügel der Grande Armée gehörte. Zum Glück für Preußen erkrankte der damals schon etwas ältere General Julius von Grawert derart schwer, dass er bereits am 13. August 1812 von seinem weniger frankreichfreundlichen Stellvertreter Yorck als Oberbefehlshaber abgelöst wurde. Beim stellenweise chaotischen Rückzug der Grande Armée nach dem Brand von Moskau verlor das preußische Kontingent schließlich die Verbindung zu den verbündeten Franzosen, aber auch zur eigenen Regierung. Das gab Yorck eine für einen Militär ungewöhnliche Handlungsfreiheit, die ihn zu einer historischen Figur von politischer Bedeutung werden ließ. Preußen war seit Jena und Auerstedt derart tief gesunken, dass es glaubte, für seinen eigenen Unterdrücker gegen jene kämpfen zu müssen, die noch wenige Jahre zuvor seine Waffenbrüder im Kampf gegen eben jenen Unterdrücker gewesen waren. Jedem patriotisch Denkenden in der preußischen Armee musste dies ein Dilemma sein, und das wussten auch die Russen. Wohl keinen seiner Bündnispartner behandelte Napoleon derart schlecht wie die Preußen. Sie waren damit nicht militärisch, aber politisch das schwächste Glied in Bonapartes Kette und damit der ideale Ansatzpunkt für die Russen nach ihrer erfolgreichen Abwehr der französischen Aggression. Sie forderten Yorck auf, mit seinen Truppen aus der französischen Front auszuscheren, die Kampfhandlungen einzustellen und ihnen damit den kampflosen Vorstoß in den Norden Mitteleuropas zu ermöglichen. Yorck war hierzu grundsätzlich bereit, stellte den Russen jedoch zwei Bedingungen. Zum einen sollten sie nach ihrem eigenen Land auch seines befreien, damit Napoleon sich für den vermeintlichen Verrat Preußens nicht rächen konnte. Zum anderen sollten sie ihn einkesseln. Denn Yorcks soldatischem Ehrverständnis zufolge durfte ein Kommandant seine Truppen nur neutralisieren, wenn er dazu den Befehl erhielte – womit in diesem Falle nicht zu rechnen war – oder aber die militärische Situation hoffnungslos wäre. Nachdem die russische Seite Yorck glaubhaft versichert hatte, dass sie sowohl ihn einkesseln als auch den Kampf bis zur Befreiung Preußens fortsetzen werde, willigte er ein. Am 30. Dezember 1812 unterzeichnete er mit seinem russischen Gegenüber, Generalmajor Hans Karl von Diebitsch, die Konvention von Tauroggen, der zufolge Preußens Kontingent in der Grande Armée die Kampfhandlungen gegen die Russen einstellte und ihnen den Weg nach Ostpreußen öffnete. Yorck beschränkte sich jedoch nicht darauf, seine Truppen zu neutralisieren. Vielmehr setzte er sich aktiv für einen Seitenwechsel Preußens ein. Bei der Erhebung der ostpreußischen Landstände gegen die französische Fremdherrschaft zu Beginn des darauffolgenden Jahres spielte er eine maßgebliche Rolle. Preußens für sein Zögern bekannter König Friedrich Wilhelm III. blieb nichts anderes übrig, als den erst von Yorck und dann auch von den Ostpreußen eingeleiteten Seitenwechsel nachzuvollziehen, wollte er nicht Aufstände und seine Krone riskieren. Und so ging der Russlandfeldzug, der Preußen noch an der Seite seiner französischen Besatzer gesehen hatte, in die Freiheitskriege der Jahre 1813/14 über. Nach der Befreiung Berlins marschierte Yorck am 17. März 1813 unter dem Jubel der Hauptstädter in deren Stadt ein. Die Befreiungskriege sahen Yorck dann wieder wie im Krieg gegen Bonaparte von 1806/07 unter dem Kommando von „Marschall Vorwärts“ Gebhard Leberecht von Blücher. Diesem ermöglichte er mit seinem Sieg bei Wartenburg am 3. Oktober 1813 den strategisch wichtigen Elbübergang. Bis zum siegreichen Einzug in die Hauptstadt des Usurpators am 30. März 1814 focht Yorck in diesem Kriege mit. Zu Dank und Lohn erhielt Yorck das Großkreuz des Eisernen Kreuzes, die Erhebung in den Grafenstand mit dem Namenszusatz „von Wartenburg“ und das Gut Klein-Öls bei Breslau. Wie sein König wirklich über Yorcks eigenmächtigen Frontwechsel dachte, ist bis heute nicht ganz klar. Angesichts der Popularität Yorcks und der Befreiungskriege blieb Friedrich Wilhelm III. jedenfalls kaum eine andere Wahl, als in das allgemeine Lob seiner Landsleute einzustimmen. 1821 noch zum Generalfeldmarschall ernannt, starb Ludwig Yorck von Wartenburg am 4. Oktober 1830 auf seinem Gut Klein-Öls. M.R.
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