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Erregte Gemüter Bei seiner Ansprache auf dem Pfingsttreffen der Sudetendeutschen in Regensburg hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer zunächst die Verbesserung der Beziehungen zur Tschechischen Republik gelobt und diese als fast normal bezeichnet. Als er dann jedoch als Beweis der Normalisierung einen Sudetendeutschen Tag in Prag oder anderswo in der Heimat vorschlug, schlugen auf tschechischer Seite die Wellen hoch. „Das würde ich für eine nicht zu akzeptierende Provokation halten“, sagte der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš von der Protestbewegung ANO 2011. Auch andere linke Politiker in der Tschechei kritisierten das Vorhaben von Seehofer. Der Fraktionsvorsitzende von Babiš’ sozialdemokratischem Koalitionspartner CSSD, Jan Chojka, bezeichnete derartige Gesten „so viele Jahre nach dem Krieg“ als unnötig. Miroslav Kalousek von der konservativen Oppositionspartei TOP 09 glaubt, dass die Zeit für derartige Gesten, die unnötig die Gemüter erregen könnten, noch nicht gekommen sei. Dabei scheint man in Prag zu vergessen, dass die Friedliche Revolution sich in diesem Jahr zum 30. Mal jährt und dass die Tschechei seit 15 Jahren Mitglied der EU ist, in der auch für Vertriebene Freizügigkeit herrscht. Die Erlebnisgeneration muss wohl erst wegsterben, bevor von tschechischer Seite ein solches Angebot erfolgt. Dabei treffen sich Vertriebene aus anderen Vertreibungsgebieten, etwa aus Ungarn, der Slowakei, Litauen oder auch aus Rumänien, schon seit Jahrzehnten in ihrer Heimat. Zustimmung fand der Vorschlag von Seehofer nur bei den oppositionellen tschechischen Christdemokraten (KDU-CSL) und der Piratenpartei. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren rund drei Millionen Deutsche aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben worden. Die meisten von ihnen fanden in Bayern eine neue Wohnstätte. „Die Sudetendeutschen sind ein wichtiger Teil der bayerischen Identität“, betonte Ministerpräsident Markus Söder zum 70. Sudetendeutschen Tag in Regensburg. „Die Sudetendeutschen sind der vierte Stamm in Bayern. Sie gehören wie die Altbayern, Schwaben und Franken fest zu unserer Heimat“, sagte Söder. „Die Sudetendeutschen haben einen großen Anteil daran, dass Bayern heute so gut dasteht: Als Vertriebene haben sie sich im Freistaat neue Existenzen aufgebaut. Ihre Handwerksbetriebe und Unternehmen haben Bayern mit zu Wachstum und Wohlstand verholfen“, sagte Söder. Vor drei Jahren hatte es beim Sudetendeutschen Tag in Nürnberg einen ersten
Aufschrei von tschechischer Seite gegeben, als mit Kulturminister Daniel
Herman erstmals ein aktiver tschechischer Minister auf einer solchen
Veranstaltung auftrat. Babiš’ ANO 2011 gehörte damals noch zu denen, die
diesen Schritt begrüßten. Heute ist Babiš auf die Kommunisten als
Mehrheitsbeschaffer angewiesen und muss seine Politik entsprechend anpassen.
Allerdings steht Babiš auch unter dem Druck der Straße. Prag erlebt seit
einigen Tagen die größten Massendemonstrationen seit 1989. Die Demonstrationen
richten sich gegen Babiš, dem sie Korruption und Zweckentfremdung von
EU-Subventionen vorwerfen. Seine Breitseite gegen die
Sudetendeutschen und
Bayern könnte also auch ein Ablenkungsmanöver im innenpolitischen Kampf
gewesen sein. - B. B.
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