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Volkszählung in Polen — und die Schlesier?
Von Dr. Enno Eimers
Vom 30. April bis 1. Juni 2011 findet in Polen
erneut eine Volkszählung statt. Überall werden wieder Interviewer unterwegs sein
und den Bewohnern entsprechend dem Fragebogen nach Paß, Nationalität und Sprache
und mehr fragen. Aber welche Fragen genau auf dem Formular stehen werden, ist
noch immer nicht sicher. Alle Minderheiten in Polen haben sich in ihrem Sinn an
das Statistische Hauptamt in Warschau gewandt, selbstverständlich auch Norbert
Rasch für die Sozialkulturelle Gesellschaft der Deutschen in der Wojewodschaft
Oppeln, also im Oppelner Schlesien.
Wie umfangreich die einzelne Minderheit bei
dieser Volkszählung in Erscheinung tritt, entscheidet darüber, wie sie in Staat
und Gesellschaft in den nächsten zehn Jahren berücksichtigt wird, zum Beispiel
finanziell und kulturell. Zweisprachige Ortsschilder sind nach dem
Minderheitenschutzgesetz abhängig von dem prozentualen Anteil der Minderheit an
der Gemeindebevölkerung. Speziell für die Bundesrepublik als Schutzmacht der
Deutschen in Polen ist das Ausmaß ihres Engagements auch nicht unabhängig von
dem Umfang der deutschen Volksgruppe.
Bei der Volkszählung steht für die Deutschen eine
Menge auf dem Spiel. Vor allem geht es um die Deutschen in Oberschlesien. Dort
sind sie traditionell am stärksten, und dort sind sie dennoch besonders
verwundbar. Bei der letzten Volkszählung 2002 ermöglichte es der Staat, daß als
Nationalität auch „Schlesier” einzutragen war. So ergab es sich, daß es
plötzlich eine nationale Minderheit der Schlesier von 173.000 gab, die sogar die
größte Volksgruppe in Polen darstellte. Demgegenüber kamen die Deutschen auf
153.000, im Oppelner Schlesien auf 106000; das obgleich 280000 den deutschen Paß
haben.
Die polnische Regierung lehnte es auch weiterhin
ab, die Schlesier als nationale Minderheit anzuerkennen. Die einzige Auswirkung
der Volkszählung von 2002 war, daß die Deutschen wirksam geschwächt dastanden.
Im Mai 2011 ist nun die entscheidende Frage für die schlesischen Wojewodschaften,
ob mehr deutsche Schlesier bereit sind, sich als Deutsche zu bekennen anstatt
auszuweichen. Die klare Linie der neu gewählten Führungsmannschaft um Bernard
Gaida und Norbert Rasch ist eine gute Voraussetzung. Sie hat sich bewährt bei
den Kommunalwahlen im November 2010, die der Deutschen Minderheit im Oppelner
Schlesien 4000 Stimmen mehr brachten als bei den vorangegangenen Kommunalwahlen.
Nach dem letzten Informationsstand wird es nicht
wieder möglich sein, als Nationalität „Schlesier” anzugeben, höchstens die
regionale Bindung zu betonen durch die Angabe „schlesischer Deutscher” oder
„schlesischer Pole”. Im übrigen werden nur 20% befragt, die vom Computer
auszuwählen sind (Kriterien?). Aber die Bewohner, die zusätzlich berücksichtigt
werden möchten, können ebenfalls ein Befragungs-Formular ausfüllen und
einreichen. Von diesem Recht können auch die in der Bundesrepublik arbeitenden
polnischen Ost-deutschen Gebrauch machen, die ihre Heimat aufsuchen und sich ein
solches Formular aus-händigen lassen. Jedenfalls geht es in den folgenden
Monaten für die Führungsmannschaft der Deutschen Minderheit darum, über die
Deutschen Freundschaftskreise (DFK) die Landsleute so zu beraten , daß diese
diesmal allgemein und insbesondere die Schlesier ehrlich ihren nationalen
Standort anzugeben wagen. Vielleicht sind diesmal sogar Mitglieder der DFK als
Befrager tätig.
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