Heikle Reparationsfrage
Spätestens 1990 alles abgeschlossen – Ostgebiete eine Reparation?
Die hohen
Reparationen, die das Deutsche Reich
nach dem Ersten Weltkrieg zahlen mußte, waren eine der Hauptursachen für die
Machtergreifung Hitlers. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten die Siegermächte
darum anders vorgehen. Auf der
Potsdamer Konferenz 1945 wurde zunächst
vereinbart, daß sich jede Siegermacht bis zum Abschluß eines entsprechenden
Vertrages aus ihrer Zone „bedienen“ sollte. Es folgte das Pariser
Reparationsabkommen vom 14. Januar 1946, in dem sich 18 Länder auf
Verteilungsquoten für künftige Reparationen einigten. Zu diesen 18 Staaten
gehörten auch beispielsweise Ägypten und Australien, nicht aber das lange mit
Deutschland verbündete Italien.
Nach dem Beginn des Ost-West-Konflikts folgte
1953 das Londoner Schuldenabkommen. Hermann-Josef Abs als geschicktem
Verhandlungsführer gelang eine weitgehende Entlastung Deutschlands. Er wußte,
daß insbesondere die USA die Erholung Deutschlands wollten, um ein weiteres
Vordringen der UdSSR in Mitteleuropa abzuwenden. So gelang ein starker Nachlaß
auf die deutschen Vorkriegsschulden, während Reparationen für den Zweiten
Weltkrieg auf einen späteren Friedensvertrag verschoben wurden. Niemand
argumentierte damals, daß die Vertreibung und Enteignung von 14 Millionen
Deutschen eine Raparation gewesen sei – denn das wäre völkerrechtlich komplett
unzulässig. Reparationen sind ausnahmslos nur aufgrund von Verträgen zulässig.
Das ist zwingendes Völkerrecht, um Plünderungen zu verhindern. Wie Abs
allerdings später bekanntgab, hat der Hinweis auf die Vertreibung in den
Verhandlungen durchaus eine Rolle gespielt. Er habe, gab Abs bekannt, das nach
1945 fortbestehende Deutsche Reich mit einer alten Oma verglichen, der ein Bein
amputiert worden sei. Es sei zwar „immer noch die gleiche Oma“, nur könne sie
jetzt nicht mehr so viel tragen. Zu förmlichen Reparationszahlungen für den
Zweiten Weltkrieg kam es nicht mehr, weil der
Zwei-plus-vier-Vertrag von 1990 den 1953 noch
erwarteten Friedensvertrag ersetzte. Damals setzte Hans-Dietrich Genscher eine
Abstimmung durch, in der die OSZE-Länder förmlich auf entsprechende Ansprüche
verzichteten. Dennoch hat Deutschland für den Zweiten Weltkrieg mehr gezahlt,
als je ein Land für einen verlorenen Krieg. Zu den Demontagen und Entnahmen aus
den Zonen kommt der Verlust des deutschen Auslandsvermögens und nahezu aller
Patente und Lizenzen. Es folgten hohe „Besatzungskosten“ bis weit in die 50er
Jahre hinein und die Zwangsarbeit Millionen deutscher Zivilverschleppter und
Kriegsgefangener.
Die Vertreibung im Osten und der Verlust der
Ostgebiete ist in dieser Aufzählung nicht enthalten, denn sie war eben keine
Reparation. Erst seit wenigen Jahren sind vereinzelt Stimmen regierungsnaher
Völkerrechtler zu hören, die diesen Vorgang rückwirkend so einstufen wollen. Mit
diesem „Kunstgriff“ dürfen deutsche Gerichte über die damaligen Enteignungen
nicht urteilen. - K.B.
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