„Was für eine
Türktümelei! Was für ein undemokratischer Assimilierungsdruck!“.
Was in der Türkei schon seit einem Vierteljahrhundert gesetzlich festgelegt
ist,
regt die Türken in Deutschland im umgekehrten Fall auf.
Antideutscher Reflex von Hans Heckel
Durch Deutschland tut sich jedesmal ein seltsamer
Riß auf, wenn es um den Umgang mit der eigenen Nation geht. Die Reaktionen auf
den Beschluß des Stuttgarter CDU-Bundesparteitags, den Artikel 22 des
Grundgesetzes um den Passus „Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch“ zu
ergänzen, hat diesen Riß wieder sichtbar gemacht.
Die Widersprüchlichkeit der Kritik, die dieser
Beschluß ausgelöst hat (siehe Seite 2), legt offen, wie wahllos nach Argumenten
gegen den Vorschlag der Christdemokraten gekramt wurde. Das läßt nur den Schluß
zu: Die Kritiker treibt weit mehr als die bloße Abneigung dagegen, daß neben
Staatssymbol und Hauptstadt auch die Sprache unseres Landes im Grundgesetz
benannt wird. Wenn, angeführt von Gesine Schwan, über eine „Aversion gegen
Einwanderer“ geschimpft wird, die solch ein Passus zum Ausdruck brächte, so ist
dies schlicht lächerlich. Wer Respekt empfindet vor dem Land, in das er
einwandert, der betrachtet Patriotismus wie Sprachstolz des Gastvolkes mit
Wohlwollen und wird sich nach Kräften daran machen, die Sprache seiner neuen
Heimat so schnell und gut wie möglich zu lernen.
Nein, die Attacke von Schwan und Co. zielt nicht
auf unser Verhältnis zu Ausländern, sondern auf jenes zu uns selbst. Daß die
Deutschen mit Stolz zu den Schätzen stehen, die ihre Nation und Kultur ausmachen
(und dazu zählt natürlich die Sprache), das treibt sie auf die Barrikaden. Die
Migranten spielen dabei nur eine Statistenrolle, bestenfalls sind sie
Projektionsfläche eines besseren, weil nichtdeutschen Menschen, den man sich
zurechtillusioniert. Kaum je wurde dies auf groteskere Weise sichtbar als vor
bald drei Jahren, als herauskam, daß sich Lehrer, Eltern und Schüler einer
Berliner Schule mit 90 Prozent Migratenanteil geeinigt haben, auf dem Pausenhof
nur noch Deutsch zu sprechen. „Kasernenhof“ giftete Grünen-Chefin Claudia Roth
damals gegen die Vereinbarung. Natürlich wußte Frau Roth, daß einen 18jährigen
Deutschtürken ein erbärmliches Leben zwischen Arbeitslosigkeit und Minijobs
erwartet, wenn er bis dahin nicht gut Deutsch gelernt hat. Aber das war jetzt
Nebensache. Das Wort „Deutsch“ allein ließ sie umgehend hyperventilieren
Und das macht die Entfremdung aus, die sich
auftut zwischen einem wachsenden Teil des deutschen Volkes und einer gewissen
politisierenden Klasse. Nie wurde dieser Riß so augenscheinlich wie während der
Fußball-WM 2006. Noch kurz zuvor wurden düstere Warnungen in die Welt gesandt
von „No-Go-Areas“ für Ausländer in Deutschland. Tatsächlich empfing ein
schwungvoll patriotisches Deutschland Millionen begeisterter Gäste.
Doch man sollte sich nichts vormachen: Auch wenn
Roth und andere damals schamhaft zurückruderten, auch wenn
Mulitikulti-Träumereien realistischeren Vorstellungen von Integration,
Zuwanderungspolitik und Grenzen der Toleranz gegenüber fremden Gepflogenheiten
gewichen sein mögen, der antideutsche Reflex rumort unverdrossen weiter. Jetzt
hat er sich wieder gemeldet.
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