| |
Willst du in meine Heimat geh'n
2.000 Ostpreußen am 1. Oktober 2011 in der Stadthalle Rostock
Rostock - Zum 16. Landestreffen der Ostpreußen in
Mecklenburg-Vorpommern war die große Rostocker Stadthalle wieder bis zum letzten
Platz gefüllt. 2.000 Landsleute und Freunde der Heimat waren mit Bussen, Bahn und
Pkw aus allen Landesteilen angereist, etliche auch aus Hamburg, Schleswig-Holstein,
Berlin und Brandenburg. Selbst die vielen Auto-Parkplätze reichten kaum aus. Für
Spätankömmlinge standen nur noch Plätze auf den Rängen zur Verfügung. Die Auswertung
der Teilnehmerlisten ergab etwa 300 Besucher, die zum ersten Mal dabei waren. Die
Organisatoren aus Anklam hatten zuvor 70 Zeitungen angeschrieben, 3.000 Einladungen
verschickt und viele Handzettel verteilt. Alle drei Regionalzeitungen und Radio
M-V hatten das Treffen angekündigt. Erfreulich war, dass der NDR die Veranstaltung
filmte und am selben Abend im „Nordmagazin“ einen Kurzbericht in Wort und Bild ausstrahlte.
Mehr als 30 Helfer aus Anklam, Neubrandenburg und Rostock hatten die Halle festlich
geschmückt, sorgten für einen reibungslosen Ablauf und die anschließende Beräumung.
Auf den Tischen standen wie immer große Schilder aller 40 ostpreußischen Heimatkreise
mit den beiliegenden Listen, so dass sich die Landsleute anhand der Eintragungen
schnell finden konnten.
Feierstunde
Zum Auftakt intonierte das Landespolizeiorchester
M-V aus Schwerin einen Festmarsch. Als Landesvorsitzender der Ostpreußen in Mecklenburg-Vorpommern
eröffnete Manfred Schukat eines der bestbesuchten Landestreffen und begrüßte die
Teilnehmer und Ehrengäste, darunter 100 Landsleute direkt aus Ostpreußen. Diese
in Masuren und dem Memelland verbliebenen Deutschen wurden von den Besuchern mit
besonders herzlichem Beifall begrüßt. Manfred Schukat nannte es ein Wunder, dass
die Ostpreußen aus Ost und West heute und hier in Rostock zusammenkommen können.
Umrahmt vom Marsch „Preußens Gloria“ zogen die Fahnen aller 40 ostpreußischen Heimatkreise
und 20 weitere landsmannschaftliche Fahnen ein, von den Teilnehmern mit stehendem
Applaus begrüßt. Das folgende geistliche Wort sprach Pfarrer Gerd Panknin aus Demmin
über das Glaubenslied „So nimm denn meine Hände“. Geschrieben hat es vor über 140
Jahren die in Mitau/Kurland geborene Julie von Hausmann in höchster Not. Sie war
ihrem Bräutigam, einem Missionar in Afrika, nachgereist, um ihn dort zu heiraten.
Bei ihrer Ankunft musste sie erfahren, dass er drei Tage zuvor Opfer einer Epidemie
geworden war. Noch am selben Abend entstand dieses Lied, welches vielen Menschen
auch in Ostpreußen und vor allem auf der Flucht und danach zum Trost und Kraftquell
wurde. Begleitet vom Landespolizeiorchester sang der Pfarrer mit den ergriffenen
Zuhörern alle drei Strophen. Sie erhoben sich zum Vaterunser und dem Totengedenken
und stimmten anschließend in ihre Heimathymne - das Ostpreußenlied - ein.
Den Reigen offizieller Grußworte eröffnete die Bürgerschaftspräsidentin
von Rostock, Karina Jens, die die Ostpreußen sehr herzlich in der Hansestadt willkommen
hieß. Namens der Landesregierung und der CDU-Fraktion von Mecklenburg-Vorpommern
sprach die scheidende Vizepräsidentin des Landtages, Renate Holznagel, stellte ihre
Funktionen im Bund der Vertriebenen vor und richtete Grüße von dessen Präsidentin
Erika Steinbach aus. Der Kreisvertreter von Lyck, Gerd Bandilla, übermittelte dem
Treffen die hohe Wertschätzung der Kreisgemeinschaften und des Bundesvorstandes
der Landsmannschaft Ostpreußen, deren Bundessprecher Stephan Grigat ein entsprechendes
Schreiben an die Versammlung gerichtet hatte. Heimatgrüße direkt aus Ostpreußen
überbrachten Magdalena Piklaps für die Memelländer (heute Litauen) und Barbara Rużewicz
für den Dachverband der Deutschen in Ermland und Masuren. Beide gaben ihrer Freude
Ausdruck, solch einen Tag unter Landsleuten erleben zu dürfen, und luden die Ostpreußen
zum Gegenbesuch in der Heimat ein. Als Geschäftsführer der Kriegsgräberfürsorge
in M-V informierte Karsten Richter über die Arbeit des Volksbundes und die gute
Zusammenarbeit mit der Landesgruppe der Ostpreußen. Es gab auch öffentliche Ehrungen:
Aus Anlass des Landestreffens rief Manfred Schukat drei langjährige Vorsitzende
ostpreußischer Kreisgruppen in M-V auf die Bühne, um sie mit der Silbernen Ehrennadel
der Landsmannschaft auszuzeichnen: Charlotte Meyer aus Parchim, Manfred Mohr aus
Ludwigslust und Josef Spill aus Rostock. Den Geehrten und den Rednern wurde mit
kleinen Präsenten aus der Heimat gedankt. Die Feierstunde endete wie immer mit der
dritten Strophe des Deutschlandliedes, welche die Anwesenden stehend mitsangen.
Den restlichen Vormittag gestaltete das Landespolizeiorchester mit einem flotten
Benefizkonzert zugunsten der Kriegsgräberfürsorge, deren Helfer im Saal über 1.500
Euro Spenden einsammelten.
Ostpreußische Kultur vom Feinsten
In der Mittagspause mit Königsberger Klopsen war
reichlich Gelegenheit zum Suchen und Kennenlernen an den Tischen der Heimatkreise.
Dicht umlagert wurden auch die Stände mit Heimatliteratur, Landkarten und natürlich
„Bärenfang“, von welchem über 4.000 kleine und große Flaschen über den Tisch gingen.
Diese Umsätze halfen einen Teil der Unkosten des Treffens zu decken. Ein Stand der
„Preußischen Allgemeinen Zeitung / Das Ostpreußenblatt“, ein Bernsteinhandel und
der Informationsstand der Kriegsgräberfürsorge ergänzten das Angebot. Am Nachmittag
richteten sich alle Augen, Fotoapparate und Kameras auf die mit Fahnen und großen
Sonnenblumen festlich geschmückte Bühne. Unter der professionellen Moderation von
Heimatsänger Bernd Krutzinna alias „BernStein“ begann am Nachmittag nonstop ein
buntes ostpreußisches Kulturprogramm. Den Auftakt machte das Fritz-Reuter-Ensembles
aus Anklam. Die Kinder und Jugendlichen führten nicht nur Volkstänze und Brauchtum
vor, sondern stellten eine Landhochzeit mit Brautbitter, Brautjungfern und einer
ganzen Hochzeitsgesellschaft einschließlich Festessen nach. Das weckte bei vielen
Besuchern lebhafte Erinnerungen, war Ostpreußen doch vor allem eine ländlich geprägte
Gegend. Das Fritz-Reuter-Ensemble erntete für seine Darbietungen viel Applaus. Nun
folgte ein echtes maritimes Programm vom Shanty-Chor „De Klaashahns“ aus Rostock-Warnemünde.
Die blauen Jungs hatten nicht nur sehnsuchtsvolle Seemannslieder von Heimat und
Meer einstudiert, sondern auch bekannte Volksweisen zum Mitsingen. Wie jedes Jahr
waren auch diesmal wieder die Chöre der Deutschen Vereine aus Ostpreußen eingeladen.
Die Landsleute aus Memel, Heydekrug, Lötzen, Heilsberg, Bartenstein und Osterode
hatten die weite und tagelange Anreise mit zwei Bussen aus dem heutigen Litauen
und Polen nach Rostock nicht gescheut. Festlich gekleidet und stimmungsvoll trugen
zunächst die Chöre „Lied der Heimat“ Memel und „Heide“ Heydekrug ihr umfangreiches
Programm vor, darunter das vor dem Krieg in Memel entstandene Lied „Willst du in
meine Heimat gehn“ – gleichsam ein Motto des Tages. Erstmals trat auch die Gesangsgruppe
des deutsch-litauischen Hermann-Sudermann-Gymnasiums Memel unter der Leitung ihrer
Musiklehrerin Asta auf, wobei das Antikriegslied „Sag mir, wo die Blumen sind“ besonders
erfreute. Eine Augenweide war ebenfalls die Kinder- und Jugendtanzgruppe „SAGA“
aus Bartenstein, die mit hübschen ostpreußischen Trachten und Volkstänzen aufwartete.
Außerdem zeigten die Chöre „Stimme der Heimat“ Lötzen, „Warmia“ Heilsberg und „Tannen“
Osterode ihr Können, indem sie ebenfalls Heimatlieder und Gedichte vortrugen. Und
auch Heimatsänger BERNSTEIN brachte bekannte und neue, oft selbstverfasste Ostpreußenlieder
aus seinem beliebten Repertoire zu Gehör. Als engagierter Moderator verstand er
es, einige Mitwirkende an das Mikrofon zu holen und selber zu Wort kommen zu lassen.
Zwischendurch gab es immer wieder Suchanfragen, die per Mikrofon öffentlich weitergegeben
wurden. Ein Extra-Ständchen bekam die älteste Teilnehmerin Frieda Glanden, die vor
100 Jahren in Garbassen, Kreis Treuburg, geboren wurde.
Großes Finale und Treffen 2012
Die meisten Besucher blieben bis zum Schluss, als
alle Mitwirkenden zum „Großen Finale“ auf die Bühne gerufen wurden. Gemeinsam wurde
noch einmal mit gegenseitig gereichten Händen das Ostpreußenlied angestimmt. Ehe
die Busse abfuhren, sprach Manfred Schukat das Schlusswort, dankte den fleißigen
Helfern für ihren enormen Einsatz und lud die Landsleute zu den nächsten Veranstaltungen
ein. Dieser Tag in Rostock hat wieder gezeigt, dass die Ostpreußen sich rufen lassen
und zusammengehören. Am 29. September 2012 ist das nächste Landestreffen in der
Sport- und Kongresshalle Schwerin geplant – dann begeht die Landesgruppe der Ostpreußen
in M-V ihr 20-jähriges Bestehen.
|