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Hermann Sudermann


Gedenkschrift - 70 Jahre LO-NRW

70 Jahre LO Landesgr. NRW
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Ein Zufallstreffer tötete Bonapartes Intimus
Nach der Schlacht von Bautzen fand Marschall Géraud Christophe Michel Duroc bei der Verfolgung der Verlierer den Tod

Nach seinem verlustreichen Sieg in der Schlacht bei Bautzen vom 20./21. Mai 1813 versuchte Napoleon mit seiner Armee, die geschlagene russisch-preußische Hauptarmee nach Schlesien zu verfolgen, um ihr Gefangene und Kanonen abzunehmen. Während der hartnäckig geführten Rückzugsgefechte sah am 22. Mai ein russischer Batteriechef von einer Anhöhe nahe Holtendorf eine größere feindliche Reitergruppe in die Ortschaft Markersdorf hinein galoppieren. Mehr aus sportlichem Ehrgeiz suchte der Russe daraufhin gegen 20 Uhr mit einer ihm eigentlich nur zum Einschießen der Entfernung beigegebenen, ziemlich weitreichenden Haubitze jene Reitergruppe zu treffen. Dieser Schuss erwies sich als Volltreffer, denn bei jener Reitergruppe handelte es sich um den Stab des französischen Kaisers. Nur knapp 30 Schritte von Napoleon entfernt schlug die Granate auf, den Marschall Édouard Adolphe Mortier dabei fast noch streifend. Ein französischer Ingenieurgeneral war sofort tot. General Jean Pierre Joseph Bruguière starb wenig später, ihm waren beide Beine zertrümmert. Marschall Géraud Christoph Michel Duroc hingegen rissen Geschossplitter den Bauch auf. In den frühen Morgenstunden des 23. Mai 1813 verstarb er unter grässlichen Schmerzen im nahe gelegenen Wohnhaus des Markersdorfer Bauern Johann Traugott Hanspach.

Durocs Tod wirkte auf Napoleon ungemein deprimierend und niederdrückend. Der Marschall war nämlich „einer der wenigen Menschen, die der Kaiser liebte und denen er vertraute“, um es mit dem russischen Historiker Eugen Tarlé zu sagen.

Wie der nur drei Jahre ältere Bonaparte hatte der am 25. Oktober 1772 im lothringischen Pont-a-Mousson als Sohn eines Notars geborenen Duroc in seiner Jugend eine fundierte Ausbildung als Artillerieoffizier durchlaufen und danach die vielen Kriege des revolutionären und nachrevolutionären Frankreich erfolgreich als Stufen auf seiner persönlichen Karriereleiter genutzt. Während des italienischen Feldzugs 1796/97 wurde General Bonaparte auf den tapferen und gebildeten, ebenso taktvollen wie verschwiegenen Offizier aufmerksam und machte ihn zu seinem persönlichen Adjutanten. Gegenüber dem Direktorium lobte er ihn mit den Worten: „Mein Adjutant, Capitain Duroc, hat mit der Bravour gefochten, die den Generalstab der italienischen Armee charakterisiert.“ Duroc war ab sofort der tägliche Gefährte des Korsen, folgte ihm überall hin und teilte dabei Tisch und Zelt mit ihm. Als Bataillonskommandeur begleitete Duroc General Bonaparte 1798 nach Ägypten, kämpfte auch hier stets furchtlos und entschlossen und erhielt bei der Belagerung der Festung St. Jean d’Acre eine mittelschwere Verwundung.

Nach der Kaiserproklamation Bonapartes wurde Duroc am 8. Juli 1804 zum „Großmarschall des kaiserlichen Palastes“ ernannt und 1808 mit der Würde eines Herzogs von Friaul nebst bedeutenden Landbesitzungen im hannoverschen Amt Steinbrück geehrt und beschenkt. Gleich mehrfach verwendete Napoleon seinen Großmarschall für diplomatische Aufgaben, die Verschwiegenheit, Fingerspitzengefühl und militärisches Fachwissen verlangten. Doch auch als Soldat diente Duroc Napoleon weiter. Immer dann, wenn gerade Not am Mann war, sprang der „Divisionsgeneral“ (Generalleutnant) freudig ein. So befehligte er bei Austerlitz 1805 zeitweilig anstelle von Marschall Charles-Nicolas Oudinot das französische Grenadierkorps und während der Schlacht von Aspern 1809 die umfangreiche französische Artilleriereserve. Ansonsten kümmerte sich Duroc als Großmarschall während der zahlreichen Feldzüge und Reisen um die Sicherheit und das Wohlbefinden Napoleons und beim Aufenthalt in Paris um das Funktionieren des kaiserlichen Haushalts. Dabei arbeitete Duroc eng mit Napoleons Oberstallmeister, General Armand de Caulaincourt, zusammen.

Aber wenn Marschall Duroc auch jederzeit treu und selbstlos seinem Kaiser diente und sich nicht in höfische Ränke mischte, so blieben doch gerade ihm ob der relativen Nähe zum Monarchen dessen Hybris und zunehmende Selbstüberschätzung nicht verborgen. Am Tage seines Todes sagte er unter dem frischen Eindruck des verlustreichen französischen Sieges in der Schlacht von Bautzen am Vortag im kleinen Oberlausitzer Dörfchen Markersdorf unweit Görlitz ahnungsvoll im vertraulichen Gespräch mit Stallmeister Caulaincourt: „Mein Freund, beobachten Sie den Kaiser? Wieder erringt er nach den Fehlschlägen neue Siege, das wäre doch ein Anlass, die Lehren aus dem Unglück zu ziehen. Sie sehen (aber), er hat sich nicht geändert. Unersättlich sucht er neue Schlachten …. Das alles kann kein gutes Ende nehmen.“

Duroc wurde in Markersdorf beerdigt. Der massive Gedenkstein am Ort seiner tödlichen Verwundung, unmittelbar an der Verbindungsstraße von Görlitz nach Löbau gelegen, hat sich bis heute erhalten und ein Markersdorfer Hotel nennt sich seit der „Wende“ von 1989 zur Erinnerung an jenes historische Ereignis „Zum Marschall Duroc“. Anders als die Errichtung dieses Denkmals wurde die ebenfalls von Napoleon angeordnete Überführung der sterblichen Überreste Durocs in den Invalidendom erst nach der Julirevolution Realität. Sieben Jahre nach seinem Kaiser wurde auch Géraud Christophe Michel Duroc nach Paris überführt, wo er unter ein und demselben Dach wie sein Kaiser seine letzte Ruhestätte gefunden hat.  -  J.W.S.

Quelle:
Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt, Ausgabe 21/13, 25.05.2013

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