Nicht immer einer Meinung: der damals noch zukünftige Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer bei der Vorstellung Gaucks als Kandidat für das Amt im Februar 2012
Nicht immer einer Meinung: der damals noch zukünftige Bundespräsident Joachim Gauck,
Bundeskanzlerin Angela Merkel und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer bei der Vorstellung
Gaucks als Kandidat für das Amt im Februar 2012

Kritik an Gauck
Seehofer: Vertriebene und heutige Flüchtlinge nicht vergleichbar

Die Mahnung des Bundespräsidenten, Flüchtlinge vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte großzügig aufzunehmen, kommt in Bayern nicht gut an. Der bayerische Ministerpräsident Seehofer weist die Diskussion zurück – und kündigt neue Maßnahmen an.

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat Bundespräsident Joachim Gauck wegen dessen Äußerungen zur deutschen Flüchtlingspolitik kritisiert. Im „Münchner Merkur“ wies Seehofer Gaucks Mahnung an die Deutschen zurück, als Lehre aus der Vertreibung im Zweiten Weltkrieg die Flüchtlinge von heute großherziger aufzunehmen. „Ich weiß aus vielen Gesprächen mit Heimatvertriebenen, dass sie solche Vergleiche nicht gerne hören“, sagte Seehofer.

Für den CSU-Vorsitzenden ist die Situation in der aktuellen Flüchtlingspolitik nicht mit der Situation im Zweiten Weltkrieg vergleichbar. „Die Ursachen sind jetzt andere, jetzt geht es auch um massenhaften Asylmissbrauch. Ich finde diese Diskussion nicht angezeigt.“ Gauck hatte am Samstag am ersten deutschen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung gesagt, „die Schicksale von damals und die Schicksale von heute“ gehörten „auf eine ganz existenzielle Weise“ zusammen.

Bayern will zu Essenspaketen zurückkehren

Seehofer forderte zudem ein konsequenteres Vorgehen des Bundes und der Länder gegen Asylmissbrauch. „Vieles geht zu zäh. Es könnte längst mehr beschlossen sein.“ Der bayerische Ministerpräsident forderte verstärkte Abschiebungen und „spätestens im September weitere Beschlüsse im Bund: Mehr Balkan-Staaten müssen zu sicheren Drittstaaten erklärt werden, in die wir dann schneller abschieben können.“

Bei der Versorgung von Flüchtlingen will Bayern nach seinen Worten stärker auf die umstrittenen Essenspakete an Stelle von Geldleistungen setzen. „Die Abschaffung des Sachleistungsprinzips war zu einem Zeitpunkt, als wir keine Flüchtlingsströme wie heute hatten. Eine Politik für 50.000 Asylbewerber sieht aber anders aus als für 500.000.“ Daran müssten die politischen Maßnahmen angepasst werden.

Bayern hatte erst Ende 2013 die Essenspakete abgeschafft. Diese werden von Flüchtlingsorganisationen und Wohlfahrtsverbänden abgelehnt, da sie nach deren Auffassung eine Entmündigung der Flüchtlinge darstellen. An diesem Donnerstag wollen sich die EU-Staats- und Regierungschefs abermals mit der Flüchtlingspolitik und einem möglichen neuen Verteilsystem befassen.

Die Grünen-Vorsitzende Katrin Göring-Eckardt teilte zu Seehofers Aussagen über „massenhaften Asylmissbrauch“ mit: „Seehofer betreibt billigen Populismus auf dem Rücken von Flüchtlingen. Die Kritik am Bundespräsidenten ist deplatziert. Vertriebene und Flüchtlinge verbindet, dass niemand seine Heimat freiwillig verlässt. Seehofer kopiert die Argumente von Pegida und Co. Flüchtlinge brauchen unsere uneingeschränkte Solidarität und Unterstützung.“
 

Quelle:
Frankfurter Allgemeine - Politik - 25.06.2015,
www.faz.net/aktuell/politik/inland/fluechtlingspolitik-horst-seehofer-kritisiert-joachim-gauck...