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 Die Karriere des Wortes »Revanchismus« 
Wenn es darum geht, die Vertriebenen und ihre 
Anliegen zu diffamieren, wird nur relativ selten der Vorwurf erhoben, dieses 
oder jenes Argument sei sachlich falsch oder dieses oder jenes angemahnte Recht 
sei nicht Bestandteil des geltenden Völkerrechts. Dies wäre auch kaum möglich, 
denn sonnenklar verbietet das allgemeine Völkerrecht nicht nur Massenmord und 
Vertreibung, sondern auch die Anerkennung von mit diesen Mitteln geschaffenen 
Fakten. 
Viel häufiger ist denn auch der nicht näher 
begründete Hinweis, das Beharren auf einer wahrhaftigen Darstellung der 
Geschichte und zumindest symbolischen Wiedergutmachungsschritten vertrage sich 
nicht mit dem Ziel der Versöhnung. 
So absurd diese Position angesichts der 
Erfahrungen vieler Länder und auch der Ergebnisse der Friedens- und 
Konfliktforschung ist, sie ist in der Bundesrepublik des Jahres 2010 
mehrheitsfähig, ja in der politischen Klasse fast Konsens. 
Noch ganz anders argumentieren linke Politiker 
und Publizisten. Über „Revanchismusverdacht“ in Bezug auf Hartmut Saenger und 
Arnold Tölg klagte am 3. August allen Ernstes ein Autor namens Florian Gathmann 
in „SpiegelOnline“. Womöglich wusste er nicht, dass er damit direkt den 
Sprachgebrauch des Stalinismus übernommen hatte: Das auch von bekannten 
SPD-Politikern bis in die 90er Jahre hochgehaltene Recht auf die Heimat wurde 
vor allem in der stalinistischen Ära etwa im „Neuen Deutschland“ routinemäßig 
als „Revanchismus“ abgetan.  
Heute gilt dieser Sprachgebrauch aus dem 
Wörterbuch des Unmenschen kaum mehr als Hinweis auf eine linksextremistische 
oder menschenverachtende Gesinnung.  -  K.B. 
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