Deutsch-Russisches-Haus: Veranstaltungsort vieler Feste für Riusslanddeutsche. |
Skandal um Deutsch-Russisches Haus
Königsberger Online-Medien lancieren Falschmeldung über angebliche Entscheidung des Amtsgerichts
Nach Berichten von Königsberger Online-Medien soll das Amtsgericht des Bezirks Königsberg-Mitte dem Deutsch-Russischen Haus (DRH) in der ostpreußischen Hauptstadt offiziell den Titel „Ausländischer Agent“ aufgedrückt haben.
Das DRH widerspricht dieser offensichtlich von einschlägigen Kreisen initiierten Kampagne: Das örtliche Gericht habe lediglich eine Empfehlung an das Königsberger Gebietsgericht ausgesprochen, eine endgültige Entscheidung über diesen wenig schmückenden Titel stehe aber bis auf Weiteres aus.
Formal gesehen wird eine solche Einstufung seit der Verabschiedung eines einschlägigen Gesetzes 2012 all jenen Einrichtungen zuteil, die sich in Russland politisch betätigen und dazu überwiegend auf ausländische Mittel zurückgreifen. Während eine primäre Finanzierung des DRH aus der Bundesrepublik außer Frage steht, welche allerdings umfangreich durch öffentliche russische Mittel ergänzt wird, dürfte es schwierig sein, in die bisher das Programm der Einrichtung bestimmenden Sprachkurse und allgemeinen Kulturveranstaltungen eine politische Ausrichtung hineinzulesen. Die russischen Behörden in Königsberg waren vom Wirken des DRH über viele Jahre hinweg stets sehr angetan.
Dies hat sich nun geändert. Der faktische Hintergrund der jüngsten Königsberger Auseinandersetzungen ist ein Affront des früheren bundesdeutschen Vize-Konsuls und Kulturattachés in Königsberg, Daniel Lissner, im August 2014, der erst jetzt in Moskau weite Kreise zieht. Dieser Diplomat mit US- und französischer Ausbildung hatte sich auf einem Gedenkabend zur Deportation der Wolgadeutschen im DRH neben verschiedenen antideutschen Ausfällen dazu verstiegen, eine „Annexion der Krim“ durch Russland zu geißeln, von einem gewaltsamen russischen Einmarsch in der Ostukraine zu reden, dem Gaststaat einen zunehmend totalitären Regierungsstil zu bescheinigen und die Anwesenden zuguterletzt gleich noch aufzufordern, ihr Land aus diesem Grunde möglichst umgehend zu verlassen.
Solche für einen Diplomaten unangemessenen Unverschämtheiten passten weder zum Inhalt des Abends noch zum Stil des Hauses, und sie sorgten daher für erheblichen Unmut bei den Vertretern des DRH, was dessen Leiter noch während der Veranstaltung in größter Deutlichkeit äußerte. Erfreulicherweise zeigte die russische Diplomatie damals mehr Fingerspitzengefühl als ihr deutscher Kollege, indem sie sich nicht öffentlich äußerte und dem Auswärtigen Amt die Gelegenheit gab, seinen schon zuvor durch deutliche Nato- und Pro-Polen-Positionierungen aufgefallenen Vertreter „auf eigenen Wunsch hin“ gesichtswahrend aus Königsberg abzuziehen – seitdem wirkt er im für seine Haltung deutlich empfänglicheren Kiew.
Ganz behoben war der Flurschaden damit nicht, da verschiedene gebietsferne Kreise im Moskauer Justizministerium verspätet auf den Vorfall aufmerksam wurden und durch ihn den Eindruck gewannen, das DRH würde sich mit antirussischer Zersetzungsarbeit beschäftigen – und damit ein „Ausländischer Agent“ sein. Hieraus entwickelte sich seitdem eine komplexe Abfolge juristischer Auseinandersetzungen, deren Tragweite erst durch die jüngsten Anwürfe der Königsberger Medien offenbar wurde. So ging es bei dem jetzigen Gerichtsverfahren um die „Ergebnisse“ von illegalen Inspektionen der russischen Strafverfolgungsbehörden im Juni und Juli 2015, über die bereits zuvor verhandelt wurde, ohne dass ein im Februar ergangenes Urteil Rechtskraft erlangte hätte und bekannt geworden wäre – der Leiter des DRH, Viktor Hoffmann, hatte gegen die juristische Verwendung der gemachten Beobachtungen geklagt. Ungewöhnlicherweise stellte das Gericht jetzt seine jüngste Beurteilung, obwohl das Verfahren noch andauert, auf seiner Internetseite ein und lieferte damit die Grundlagen für eine Schmutzkampagne, an der sich inzwischen mehrere Königsberger Online-Medien, nicht jedoch die seriöse Presse oder TV- und Radiosender beteiligen.
Das Gericht soll demnach entschieden haben, dass sich das DRH an der „Popularisierung der NS-Ideologie als einer Form des Extremismus“ beteiligt habe. Hierbei bezieht es sich auf das im Hause gepflegte Erbe Agnes Miegels, wobei unkritisch Anfeindungen der „BRD-Antifa“ übernommen werden. Diese verfehlte Beurteilung findet zwar in der örtlichen Verwaltung nicht unbedingt Gegenliebe, da man hier die dank ihrer „pro-russischen“ Gedichte durchaus völkerverbindende Dichterin oftmals sehr zu schätzen weiß. Dennoch wurden im nördlichen Ostpreußen allein im letzten halben Jahr zwei Miegel-Gedenksteine unter Berufung auf den sogenannten Anti-Extremismus-Paragraphen demontiert.
Ob die Angriffe gegen Miegel auf den Auftritt
Lissners zurückzuführen sind oder aber, wie Beobachter vermuten, das Ganze eine
Retourkutsche auf die allzu bereitwillige Zusicherung der deutschen Kanzlerin
während des Besuchs des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama ist, ihren
Beitrag zur Nato zu erhöhen, sei dahingestellt. Schade nur, wenn das völlig
unbeteiligte DRH in seinem bisher erfreulichen Wirken als Kulturbetrieb
beeinträchtigt würde. - Thomas W. Wyrwoll/MRK
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Krimi mit
Fortsetzung
Schicksal des Deutsch-Russischen Hauses in Königsberg
ungewiss
Beim Krimi um die Zukunft des Deutsch-Russischen-Hauses (DRH) in Königsberg wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen. Nachdem sich die Leitung des Hauses gegen die Registrierung als ausländischer Agent – wegen der Finanzierung aus Deutschland, bislang zirka 80000 Euro Bundesmittel pro Jahr – gerichtlich zur Wehr gesetzt hatte (siehe PAZ Folge 20/2016), haben die Behörden der Kulturvertretung der Russlanddeutschen im Königsberger Gebiet kurzerhand den Geldhahn zugedreht.
Schon seit September vergangenen Jahres fließen keine Gelder mehr aus Moskau. Besitzer der Immobilie ist die Gesellschaft der Russlanddeutschen „Eintracht“ mit Sitz in der russischen Hauptstadt. Der bisherige Direktor des Deutsch-Russischen-Hauses in Königsberg, Andrej Portnjagin, und seine Mitarbeiter wurden wegen der fehlenden Finanzierung entlassen. Nicht einmal die Rechnung der Stadtwerke in Höhe von umgerechnet 2500 Euro konnte der Direktor begleichen. Nun müssen die Mitarbeiter wohl oder übel von ihren Ersparnissen leben. Für das Jahr 2017 gibt es bislang keine Aussagen hinsichtlich der Finanzzuweisungen für die Unterhaltskosten der kulturellen Einrichtung.
Auf Nachfragen beim deutschen Generalkonsul in Königsberg, Michael Banzhaf, und bei Hartmut Koschyk, dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, erhielt Christian von der Groeben, ein Verwandter von Friedrich von der Groeben, dem Initiator für die Gründung des DRH, Standardantworten wie: Das Haus habe „einen wichtigen Beitrag zum Ausbau der kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Kaliningrader Gebiet“ geleistet oder man werde sich dafür einsetzen, „dass das DRH erhalten und auch in Zukunft eine Stätte fruchtbarer Begegnungen“ bleibe und die Bundesregierung stehe in Kontakt mit der russischen Seite, um eine zukunftsfähige Lösung für das Haus zu finden.
Auf dem ehemaligen Grundstück der Familie von der Groeben wurde das Kulturhaus Anfang der 1990er Jahre erbaut. Es diente vor allem als Begegnungsstätte der im Königsberger Gebiet lebenden Russlanddeutschen. In ihm fanden neben Sprachkursen auch Veranstaltungen wie Konzerte und Lesungen, Ausstellungen und Theaterabende statt.
2012 führte die Landsmannschaft Ostpreußen ihr
5. Deutsch-Russisches Forum in den Räumen des DRH durch. Das Haus erfreute sich
auch bei Russen als Begegnungszentrum sehr großer Beliebtheit. Viele Kontakte
konnten geknüpft werden. Beobachter hoffen, dass dieses Band nicht der Hetze
antideutscher Scharfmacher, die in sozialen Netzwerken vor einer
„Germanisierung“ gewarnt und das DRH in Verruf gebracht hatten, zum Opfer fällt,
sondern am Ende die Vernunft siegen wird. MRK
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