Steht schon seit Mai wieder am historischen Ort der Garnisonkirche: Die Turmspitze mit dem zur Sonne strebenden preußischen Adler und den Initialen König Friedrich Wilhelms I.
Steht schon seit Mai wieder am historischen Ort der Garnisonkirche: Die Turmspitze
mit dem zur Sonne strebenden preußischen Adler und den Initialen König Friedrich Wilhelms I.

Letzte Attacke gegen Garnisonkirche
Gegner des Wiederaufbaus hoffen auf Erfolg durch ein Bürgerbegehren
von Norman Hanert

Noch vor wenigen Wochen schien beim Projekt zum Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche alles in trockenen Tüchern. Nun aber hat ein Bürgerbegehren zur Auflösung der „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“ unerwartet so starken Zulauf erhalten, dass es sogar zu einem Bürgerentscheid kommen könnte.

Die „Initiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“ hat 14.285 gültige Unterschriften gesammelt – damit haben immerhin 10,7 Prozent der stimmberechtigten Potsdamer unterzeichnet. Unübersehbar haben die Gegner des Wiederaufbaus der Kirche damit einen Etappensieg errungen. Damit sich das Stadtparlament mit der Initiative befasst, waren als Zulassungshürde nur 13.500 gültige Unterschriften notwendig. Nicht nur, dass mehr Unterschriften als notwendig zusammengekommen sind, das städtische Rechtsamt Potsdams hat auch die relativ allgemeingehalte Fragestellung des Bürgerbegehrens inzwischen für rechtlich zulässig erklärt. Diese Entscheidung hat den Weg für einen Bürgerentscheid frei gemacht.

Mehr oder weniger als Formalie kann gelten, dass sich zunächst noch einmal Potsdams Stadtparlament mit der Initiative befassen muss. Der nach der Kommunalwahl im Mai geschlossene Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und CDU sowie Potsdamer Demokraten und Freien Wählern enthält das Bekenntnis, dass zur Wiederherstellung der Potsdamer Mitte auch die Wiedererrichtung der Garnisonkirche gehöre. Springt keiner der Koalitionäre ab, werden somit nur die Fraktion der Linkspartei und die Formation „Die Andere“ für das Bürgerbegehren stimmen. Mit der Ablehnung durch Potsdams Stadtverordnetenversammlung wird der Weg zu einem Bürgerentscheid frei, der dann innerhalb von zwei Monaten abgehalten werden muss.

Um Erfolg zu haben, müssen die Wiederaufbaugegner gleich zwei Hürden nehmen. Zum einen muss eine Mehrheit der Potsdamer Bürger zustimmen. Zum anderen muss diese Mehrheit auch noch mindestens ein Viertel aller 133.260 Wahlberechtigten umfassen. Dieses ist höchstens dann erreichbar, wenn das Bürgerbegehren gleichzeitig mit der Landtagswahl am 14. September stattfindet.

Folgerichtig fordern die Initiatoren und die Opposition im Stadtparlament genau diesen Termin. Allerdings werden sie sich kaum gegen die sich Rathauskooperation nennende Stadtregierungskoalition durchsetzen können, die bereits hat verlauten lassen, dass sie den 14. September als Termin für einen Volksentscheid ablehnen werde.

Der Vorsitzende der Potsdamer Linkspartei, Sascha Krämer, setzt auf ein schließliches Einknicken von SPD und Grünen. Beide Parteien hätten kein Interesse an einem Volksentscheid im Landtagswahlkampf, so Krämer. Zumindest im Fall der SPD spricht allerdings wenig für einen Kurswechsel. Parteigrößen wie Vizekanzler Sigmar Gabriel und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke haben sich in Sachen Wiederaufbau der Garnisonkirche inzwischen eindeutig festgelegt. Ein Rückzieher könnte somit schnell als Schwäche der SPD-Führung auf Bundes- wie Landesebene ausgelegt werden.

Einen Kurswechsel hat es allerdings inzwischen bei der Garnisonkirchen-Stiftung gegeben, die parallel zur Fördergesellschaft agiert. Ihr Kuratoriumsmitglied Manfred Stolpe (SPD) rückte in einem Interview mit den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ erstmals vom Ziel eines originalgetreuen Wiederaufbaus des traditionsreichen preußischen Gotteshauses ab. Es gehe zunächst um den Wiederaufbau des Turms, dessen Sprengung zu DDR-Zeiten ein Rechtsbruch gewesen sei, so Brandenburgs Altministerpräsident. Der Wiederaufbau des Turms sei Wiedergutmachung damaligen Unrechts.

Stolpe unterscheidet aber zwischen dem von ihm bejahten Aufbau des Turms und dem Wiederaufbau der Kirche insgesamt. Der Turm habe eine klare Funktion, weil er „an die frühere Heiligkreuzkapelle anknüpft, die bis zur Sprengung 1968 für Gottesdienste genutzt wurde“, so die Sichtweise Stolpes. Die Kirche dagegen muss nach Meinung des 78-Jährigen nicht unbedingt originalgetreu wiederaufgebaut werden.

Damit nicht genug: Der Sozialdemokrat überraschte auch noch mit dem Vorschlag eines neuen Namens. So könne statt „Garnisonkirche“ der Name „Heiligkreuzkirche“ gewählt werden. Diesen Namen trug die Garnisonkirchengemeinde auf eigenen Beschluss bereits nach dem Zweiten Weltkrieg, bis die Kirche 1968 auf Befehl der DDR-Staatsführung gesprengt wurde.

Als Ursache der Ablehnung des Wiederaufbaus macht Stolpe aus, dass in Potsdam ganz unterschiedliche Mentalitäten aufeinanderstießen. „Ich unterscheide zwischen Alteingesessenen und Uralteingesessenen. Bei den Alteingesessenen gibt es das Gefühl, von den Uralteingesessenen nicht verstanden zu werden. Bei der Garnisonkirche habe ich das Gefühl: Das ist die Rache für die Mercure-Debatte“, so Stolpe, der damit auf Bemühungen zum Abriss eines DDR-Hotelbaus, des „Mercure“, am Potsdamer Lustgarten anspielt.

Quelle:
Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt, Ausgabe 31/14 v. 02.08.2014